: Klage gegen Volkszählung
ZENSUS Aktivisten reichen Verfassungsbeschwerde ein. Die Zählung beginnt am Montag
Der Berliner Arbeitskreis Zensus hat beim Verfassungsgerichtshof Verfassungsbeschwerde gegen die Durchführung der Volkszählung eingelegt. Klägerin Sandra Müller geht davon aus, dass das zu Grunde liegende Gesetz gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstößt.
Die Volkszählung soll am kommenden Montag starten, die Teilnahme ist verpflichtend. Bis zu 400.000 Berliner werden dann befragt. Darunter sind sämtliche Immobilienbesitzer, alle Bewohner sogenannter Sonderbereiche, wie Gefängnisse und Studentenwohnheime, und rund 4 Prozent aller Einwohner. Da sich die einzelnen Gruppen überschneiden können, sind doppelte Befragungen einzelner Personen nicht ausgeschlossen. Darüber hinaus werden Daten aus Melderegistern, der Bundesagentur für Arbeit und von öffentlichen Arbeitgebern zusammengeführt. Die Daten sollen eine bessere gesellschaftliche Planung ermöglichen – und zum Beispiel klären, ob die Zahl der Einwohner mit der gemeldeten Zahl übereinstimmt.
Der Arbeitskreis Zensus sieht jedoch in Berlin keinen Grund für eine Volkszählung: So habe es bereits mit der Einführung der Steuer-Identifikationsnummer eine Bereinigung der Daten in den Meldeämtern gegeben. „Es muss gar keine Volkszählung geben, die Daten sind auf dem neuesten Stand“, sagt Müller.
Sorge um sensible Daten
Kritiker befürchten außerdem, dass die erhobenen Daten erst spät anonymisiert werden und dass diese Anonymisierung durch zusätzliche Informationen wieder umkehrbar ist. Müller fordert, auf die Erhebung sensibler Daten und auf die Pflicht zur Auskunft zu verzichten.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das Müller und der AK Zensus verletzt sehen, hatte das Bundesverfassungsgericht 1983 als eine Art ungeschriebenes Grundrecht definiert. Es soll sicherstellen, dass jede Person grundsätzlich selbst über die Verwendung ihrer persönlichen Daten entscheiden kann.
Eine Verfassungsbeschwerde gegen den Zensus vor dem Bundesverfassungsgericht hatte das Gericht im vergangenen Jahr nicht angenommen – unter anderem, weil sie keine „grundsätzliche Bedeutung“ habe. SVE