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Archiv-Artikel

kabinenpredigt Sarah BSC

Ja, ja, Hertha hat es wieder nicht geschafft zu gewinnen. Grade gegen Bielefeld ist das natürlich peinlich. Aber was soll’s. Dass Manager Hoeneß ein ungewöhnlich glückliches Händchen für Fehleinkäufe hat, aber trotzdem einer der wichtigsten Manager der Liga ist, ist so bekannt, wie die trainerische Handschrift von Falko Götz unlesbar ist.

Da bleibt nicht viel Platz zur Interpretation: Hertha ist eine mittelmäßige Mannschaft, die mittelmäßig spielt. Punkt. Doch grade in der Mittelmäßigkeit liegt viel Potenzial für den Fußballfan. Denn der ist durchaus bereit, mit seiner Mannschaft zu leiden. Im Prinzip erwartet ein Fan ja sogar ein gewisses Maß an Leid, denn das ist das Salz in der Fußballsuppe. Wo sonst kann man sich so schön die Haare raufen, verpasste Möglichkeiten beklagen und auch durchaus mal die eine oder andere Träne vergießen? Die schlechten Zeiten sind die, in denen man seinen Verein wirklich ins Herz schließen kann. Nur bei Hertha funktioniert das einfach nicht.

Und jetzt stelle ich doch die Schuldfrage: Warum ist das so? Verantwortlich sind weder Hoeneß noch Götz, auch nicht die Spieler, die seit Monaten auf Bolzplatzniveau kicken. Verantwortlich ist die Öffentlichkeitsabteilung von Hertha BSC. Die ist seit Jahren der Meinung, sie müsste nichts tun, damit sich Hertha tatsächlich in die Herzen der Berliner spielt. Die arrogant in ihren Büros hockt und glaubt, Kultstatus erreiche man von ganz alleine. Die nicht sieht, dass Berlin durchaus bereit wäre, für Hertha zu leiden.

Doch wer Unterstützung auch in schlechten Zeiten haben will, muss sich herabbegeben in die Niederungen des alltäglichen Fanlebens. Und genau dafür ist sich diese Abteilung zu schade – ihre Mitarbeiter wollen lieber keinen Kontakt zur Basis.

Ein Beispiel: Ausgerechnet zu Ostern Eintrittskarten für fünf Euro anzubieten, ist einfach zu durchsichtig. Das Kalkül, das dahinter so deutlich zu sehen ist, ist nämlich nicht, die treuen Fans zu halten oder sogar neue zu gewinnen, sondern einzig und allein kaufmännisches Rechnen. In den Ferien ist die Stadt leer, das ist blöd, also verschleudern wir Billigtickets. Das hat weder etwas mit der Mannschaft noch mit den Fans zu tun – und das ist es, was Hertha einfach unsympathisch und einsam bleiben lässt.

Und vielleicht sollte man nicht über einen neuen Trainer nachdenken, sondern über einen Komplettwechsel der Abteilung Öffentlichkeit. Denn dieser Zustand ist einfach zu schade. SARAH SCHMIDT

Sarah Schmidt liest heute um 20 Uhr im Fabrikcafe, Schlesische Straße 18 in Kreuzberg. Eintritt frei