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Archiv-Artikel

Die Hatz geht weiter

Mit absurden Vorwürfen eröffnet Usbekistan Verfahren gegen einheimische Mitarbeiter der Deutschen Welle

Der Deutsche-Welle-Korrespondent Juri Tschernogajew muss sich heute vor der Staatsanwaltschaft in Taschkent verantworten. Nach taz-Informationen ist gegen ihn ein Strafverfahren eröffnet worden, da er ohne Lizenz journalistisch tätig sei.

Vor zwei Wochen hatte sich bereits die Deutsche-Welle-Journalistin Natascha Buschuewa der usbekischen Strafverfolgung entzogen. Auch gegen sie hatte die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen fehlender Akkreditierung eröffnet und ihr zudem noch Steuerhinterziehung vorgeworfen. Gegen einen weiteren Journalisten wird noch ermittelt.

Hintergrund der Maßnahmen ist eine Verordnung, die es usbekischen Staatsbürgern verbietet, ohne Akkreditierung für ausländische Medien zu arbeiten. Doch eine entsprechende Genehmigung verweigerte das zuständige usbekische Außenministerium den langjährigen Mitarbeitern der Deutschen Welle (DW) seit 2006 hartnäckig.

Der Vorwurf der Steuerhinterziehung ist besonders absurd, da die DW-Mitarbeiter automatisch bei jeder Honorarüberweisung Steuern zahlen und mit Usbekistan sogar ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht. Die Akkreditierungsverordnung verstößt gegen die usbekische Verfassung, die jedem Bürger im Artikel 29 das Recht zusichert, Informationen zu sammeln und diese zu verbreiten.

Seit dem Massaker vom Mai 2005, als usbekische Sicherheitskräfte blutig einen Volksaufstand niederschlugen, läuft eine regelrechte Repressionswelle gegen Journalisten und Menschenrechtler in der zentralasiatischen Republik. Sie werden verprügelt, verhaftet oder in Psychiatrien zwangsbehandelt.

Der Angriff auf die DW-Journalisten und insbesonders auf Tschernogajew überrascht trotzdem: Deutschland bemüht sich aktiv um eine Verbesserung der Beziehungen zu Usbekistan. Seit Oktober 2005 hat die EU Sanktionen gegen das Land verfügt – doch in Brüssel ist es kein Geheimnis, dass deutsche Diplomaten sich bemühen, diese Sanktionen aufzuheben. Zudem ist Tschernogajew, der sogar lange Zeit als ein Lieblingsjournalist des usbekischen Präsidenten Islam Karimow galt, nie als besonders kritisch aufgefallen.

Die in Usbekistan registrierte Nachrichtenwebsite www.uzmetronom.com vermutet daher eine innerusbekische Intrige und beschuldigte den Pressesprecher des Präsidenten, hinter der Jagd auf die DW-Mitarbeiter zu stecken. Er soll die deutsch-usbekischen Beziehungen torpedieren wollen, um selber Präsident zu werden. Die Journalisten der DW sind offensichtlich zum Spielball eines Machtkampfes geworden. Tschernogajew selbst hat sich auf derselben Webseite jegliche Einmischung verbeten.

MARKUS BENSMANN, BAKU