: Lottoziehung droht Klagewelle
Private Glücksspielanbieter gehen juristisch gegen das staatliche Monopol vor: „Bwin“ kündigt Klage gegen das Land NRW an. Auch TV-Ziehung der Lottozahlen könnte vor Gericht enden
VON MARTIN TEIGELER
Borussia Dortmund hat nicht nur Stress im Abstiegskampf der Bundesliga – jetzt ist der Fußballclub auch in den Kampf um das staatliche Wettmonopol verwickelt. Der private Wettanbieter „Bwin“ hat eine Klage gegen das Land Nordrhein-Westfalen angekündigt, weil NRW dem Unternehmen Bandenreklame im Dortmunder Stadion untersagt hatte.
„Wir werden die Schadenersatzklage noch im April einreichen“, sagte Bwin-Sprecher Hartmut Schulz gestern zur taz. Auch der bayerischen Landeshauptstadt München drohte Bwin mit Klage, falls der italienische Club AC Mailand am heutigen Mittwoch beim Viertelfinal-Rückspiel der Champions League bei Bayern München nicht mit Bwin-Trikotwerbung auflaufen dürfe.
Eine Sprecherin der NRW-Landesregierung wollte sich zu der Klage nicht äußern. Bereits seit Monaten gehen die Länder NRW und Bayern als Hardliner gegen private Sportwetten vor. Private Wettbüros mussten dicht machen, Reklame für Glücksspielerei wurde von den Behörden bekämpft, Firmen wie Bwin bekamen es mit der Staatsmacht zu tun – das Verbot der Bandenwerbung in Dortmund ist nur ein Beispiel.
Die Bwin-Klage fällt in die politische Entscheidungsphase über die Fortschreibung und Radikalisierung des staatlichen Glückspielmonopols. Ein derzeit dem Düsseldorfer Landtag zur Ratifizierung vorliegender Staatsvertrag soll das Werben für Glücksspiele im Internet und im Fernsehbereich noch rigider beschränken und das Staatsmonopol, mit dem die Länder pro Jahr rund fünf Milliarden Euro einnehmen, noch ausweiten. Weder Breitensport noch Kulturförderung, die Lottogelder erhalten, dürften „unter die Räder kommen“, sagt CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers. Mit den Geldern aus den Einnahmen von Lotto und staatlicher Fußballwette Oddset werden Umwelt-, Sport- und Kulturprojekte gefördert. Zudem müsse das Monopol sein, weil nur der Staat das Glücksspiel zum Schutz von Spielsüchtigen begrenzen könne, so die offizielle Linie der schwarz-gelben Landesregierung.
Der liberale Koalitionspartner glaubt indes nicht geschlossen an das Funktionieren des Staatsmonopols. „Es muss endlich eine gesetzlich normierte und kontrollierte Öffnung des Sportwettenmarkts vorbereitet und umgesetzt werden“, fordert etwa der NRW-FDP-Bundestagsabgeordnete Detlef Parr. Der Staatsvertragsentwurf, der von den Ministerpräsidenten ausgehandelt wurde, sei in „der vorliegenden Fassung verfassungs- wie europarechtlich fragwürdig“, so der Liberale. Unter dem Vorwand der Spielsuchtbekämpfung würden Unternehmer und Spieler ins EU-Ausland wandern und der Grau- und Schwarzmarkt florieren. „Damit werden erhebliche Fördermittel für den Sport verloren gehen.“
Unterdessen existieren bei Glücksspielunternehmen Pläne für weitere Klagen. Der Bochumer Systemlotto-Anbieter Norman Faber hatte bei einer Anhörung im NRW-Landtag rechtliche Schritte angekündigt, falls der Staatsvertrag die Arbeitsplätze seiner 450 Mitarbeiter bedrohe. „Natürlich werden wir umfänglich klagen. Wir prüfen alles“, hatte Faber bereits Ende 2006 in einem taz-Interview gesagt.
Der Bonner Jurist und Rundfunkrechtsexperte Gernot Lehr warnte die NRW-Abgeordneten deshalb im März vor einer Ratifizierung des Staatsvertrags. Sollte der Vertrag in Kraft treten, drohten „wettbewerb- und ordnungsrechtliche“ Klagen gegen die Lottoannahmestellen, so Lehr bei der Landtags-Anhörung. Zudem müsste das Werbeverbot auch auf die „Aktion Mensch“ und auf die „Lottofee“ angewendet werden, sagte der Fachanwalt. Die Ziehung der Lottozahlen in der ARD könnte dann per Gerichtsbeschluss verboten werden.