Senkrechtstart ins Parlament

BRANDENBURG Erstmals zieht ein Politiker abseits der Großparteien über ein Direktmandat in den Landtag ein: der Flughafenrebell und Exsozialdemokrat Christoph Schulze. Es ist ein bundespolitisches Novum

BERLIN taz | Christoph Schulze wirkt am Telefon auch am Dienstag noch aufgekratzt. Das hat seinen Grund: Dem Brandenburger gelang es am Sonntag, als erster Politiker ohne Mitgliedschaft in einer der Großparteien mit einem Direktmandat in einen Landtag einzuziehen.

Schulze, ausgebildeter Mediziner, war als Spitzenkandidat der BVB/Freie Wähler im Wahlkreis Teltow-Fläming III angetreten. Seit 1990 sitzt er bereits im Landtag Brandenburg bis 2012 für die SPD. Nachdem er dort zuerst die Fraktion und dann auch die Partei verließ, kam er bis Ende der letzten Legislatur bei den Grünen unter.

Nun schaffte er den Wiedereinzug ganz allein – und holt noch zwei Abgeordnete der Freien Wähler mit ins Parlament. Laut Wahlgesetz gilt beim Gewinn eines Direktmandats nicht mehr die Fünfprozenthürde.

Schulze ist vor allem als Fluglärmrebell bekannt. Über den im Bau befindlichen Berliner Großflughafen BER, in dessen Nähe der 49-Jährige wohnt, zerstritt er sich mit seinen alten Genossen. Gegen dieses „zynische und unverantwortliche“ Projekt werde er gemeinsam mit den BürgerInnen weiter Widerstand leisten, sagte er der taz. „Wenn der BER wirklich bleibt, wird das ein zweites Gorleben.“

Schulzes Plan für den BER sieht zwar eine Fertigstellung unter strikter Einhaltung des Nachtflugverbots vor. Ab dem ersten Tag der Inbetriebnahme müsse aber nach einem neuen Standort gesucht werden. Der BER könne dann später als neues Berliner Messegelände mit angegliedertem Flugfeld fungieren.

Im Landtag will Schulze am ehesten mit den Grünen kooperieren. Die AfD lehnt er „aufgrund ihrer Fremdenfeindlichkeit“ ab. Noch aber kämpft er um einen Fraktionsstatus, den ihm der Landtag bisher verweigert. Schulze gibt erneut den Rebell: Notfalls ziehe er vors Bundesverfassungsgericht. GIL SHOHAT