Kampf für Windmühlen

Unternehmer haben keine Wahl: Sie müssen Mitglied in der Handelskammer werden. Ein Windkraft-Unternehmer aus Münster klagt jetzt. Er sieht seine Interessen nicht vertreten

VON DIRK ECKERT

Thomas Siepelmeyer traute seinen Augen kaum: Da forderte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) doch tatsächlich, den Marktanteil erneuerbarer Energien nicht weiter zu erhöhen. Schwarz auf weiß stand es in der Presseerklärung des DIHKs, datiert vom 10. Januar 2007. Siepelmeyer war empört, und zwar aus gutem Grund: Der Diplom-Geologe aus Greven ist selbst Windunternehmer. Mit seiner Firma Davertwind errichtet er Windkraftanlagen.

„Solche Äußerungen finanziere ich auch noch selbst – mit meinen Zwangsbeiträgen“, sagt Siepelmeyer. Denn wie jeder Unternehmer in Deutschland muss auch der Öko-Unternehmer aus Greven Mitglied in der lokalen Industrie- und Handelskammer (IHK) sein. In seinem Fall ist das die IHK Nord Westfalen. Die wiederum ist Mitglied im DIHK, dem Dachverband aller Handelskammern.

Siepelmeyer fordert jetzt den Austritt der IHK Nord Westfalen aus dem DIHK. „Die setzen das Interesse von einigen Großkonzernen mit dem Interesse der Wirtschaft gleich“, kritisiert er. Die IHK lehnt einen Austritt jedoch ab. Die DIHK vertrete das Gesamtinteresse der Wirtschaft, sagt Geschäftsführer Jochen Grütters. „Dass sich einzelne Mitglieder nicht in dem wiederfinden, was der DIHK als Gesamtinteresse ermittelt hat, kommt vor.“

Siepelmeyer will deswegen jetzt vor Gericht ziehen. Wenn jedes Unternehmen zwangsweise Mitglied einer IHK sein müsse, dann müssten deren Aufgaben „rechtlich begrenzt“ werden, sagt sein Anwalt Wilhelm Achelpöhler: „Es kann doch nicht sein, dass sich die Studierendenschaften nicht allgemeinpolitisch äußern dürfen, die Handelskammern aber schon.“ Schließlich könnten Großkonzerne ihre Interessen auch anders zu Gehör bringen, dafür bräuchten sie keine Handelskammern.

Die Handelskammer will sich zu der drohenden Klage noch nicht äußern. „Wir warten die Klageschrift ab, dann werden wir reagieren“, sagt Grütters. Bisher sind Klagen von Unternehmen gegen die Zwangsmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer aber immer gescheitert.

Politisch für eine andere Politik der IHK zu kämpfen, hält der Kölner Wirtschaftspublizist Werner Rügemer für aussichtslos. Zwar wählen die Mitglieder ein Parlament, die Vollversammlung, wobei jedes Mitglied eine Stimme hat. De facto herrsche aber in den Kammern der „alte Industrie- und Bankenklüngel“, kritisiert Rügemer. So werde der IHK-Apparat unzureichend kontrolliert, die Vollversammlung tage nicht einmal öffentlich, die Wahlbeteiligung sei gering. „Wenn es in den IHKs eine demokratische Willensbildung geben würde, dann müsste sie sich selbstverständlich auch politisch äußern dürfen“, sagt Werner Rügemer. „Aber das System der Kammern ist nicht mehr aus sich heraus reparierbar.“

Siepelmeyer hält aus Protest inzwischen auch seine IHK-Beiträge zurück. Die „umweltfeindlichen Positionen“ des DIHT will er nicht mehr finanzieren. Dass die IHK ihn dafür verklagen kann, weiß er. Ein Mahnschreiben der Handelskammer hat er schon bekommen, nachgeben will er aber keinesfalls. „Was der DIHK macht, ist gegen meine Firma gerichtet“, sagt er. „Wir leben vom Kyoto-Protokoll.“