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die taz vor 26 jahren über die unruhen im londoner stadtteil brixton

Ausgebrannte Autos, eingeschlagene Schaufensterscheiben, geplünderte Boutiquen, auf den Straßen liegen zerbrochene Flaschen und Ziegelsteine – das ist das Bild, das Brixton, ein südlicher Londoner Stadtteil mit einem hohen Anteil schwarzer Bevölkerung, bietet. Scotland Yard zählt nach Straßenschlachten zwischen Polizisten und schwarzen Jugendlichen in der Nacht zum Sonntag insgesamt 189 Verlerne, davon 165 Polizisten, und behauptet, die Lage unter Kontrolle zu haben.

Kontrolle heißt Militarisierung und Isolation. Der Stadtteil wurde von der Polizei völlig abgeriegelt. Die Polizeikräfte wurden in „angemessener Zahl“ verstärkt. Für den Auslöser der Auseinandersetzungen wird von offizieller Seite ein „Mißverständnis“ verantwortlich gemacht. Polizisten hätten einem Verletzten helfen wollen, während schwarze Jugendliche glaubten, er werde verhaftet, und ihm zur Hilfe eilten.

Zu Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und in einem Klima des Rassismus, in dem sich Teile der weißen Bevölkerung auch durch die Regierungspolitik (Ausweisungen, Nationalitätengesetz) bestätigt fühlen, ist die Situation in den schwarzen Stadtteilen Londons explosiv. Zeugen der Ereignisse von Brixton geben übereinstimmend an, die Aktionen der Schwarzen richteten sich gegen die Polizei und nicht gegen die weiße Bevölkerung. Sprecher der schwarzen Gemeinschaft machten die Sicherheitskräfte für das Ausbrechen der Gewalt verantwortlich und verwiesen darauf, daß in Brixton unverhältnismäßig viele Polizisten stationiert seien, die die dort lebenden Jugendlichen drangsalierten.

Die Einwohner Brixtons waren nicht von den Ausschreitungen selbst, sondern nur von ihrem Ausmaß überrascht. Die Polizei sieht das selbstverständlich anders: die Krawalle seien nicht spontan ausgebrochen, sie seien von Leuten, die nicht aus Brixton stammten, angezettelt worden. Das haben sie auch in Zürich und in Wien und in Nürnberg und … behauptet. taz, 13. 4. 1981

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