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Archiv-Artikel

Topterrorist mit Mütze im schäbigen Büro

TERRORNETZWERK Der US-Geheimdienst veröffentlicht fünf Videos von Osama bin Laden. Die Aufnahmen des getöteten Al-Qaida-Chefs strafen die Legende vom gefährlichsten Mann der Welt Lügen

ISLAMABAD taz | Er ist in eine dicke, braue Decke eingehüllt, trägt eine schwarze Wollmütze und schaut auf einem schäbigen Minifernseher Nachrichten über sich selbst an. Auf den neuen Videos, die das Pentagon veröffentlicht hat, ist Osama bin Laden eine Jammerfigur. Statt des gefährlichsten Mannes der Erde zeigen die Aufnahmen einen alten, gebrechlich wirkenden Mann mit grauen Haaren und grauem Bart, der sich am Ruhm längst vergangener Tage erfreut. Bin Laden schaut Bilder des arabischen TV-Senders al-Dschasira, die ihn als dynamischen, fitten Terror-Drahtzieher zeigen – bereit für den nächsten Kampf.

Der Raum, in dem der Al-Qaida-Boss Fernsehen schaut, erinnert mehr an ein Gefängnis als an eine luxuriöse Residenz. Das Zimmer ist karg eingerichtet, die Wände sind leer, nackte Kabel verstärken den Eindruck der Trostlosigkeit. Die unrühmlichen Bilder des vor einer Woche getöteten Topterroristen erinnern an das Foto von Iraks Exdiktator Saddam Hussein, wie er 2005 in weißen Unterhosen in seiner Gefängniszelle steht.

Die von den Amerikanern veröffentlichten fünf Videoclips von bin Laden sollen in seinem Haus im pakistanischen Abbottabad sichergestellt worden sein. Neben dem Video von dem Fernsehen schauenden bin Laden gibt es noch vier andere Clips, in denen der Al-Qaida-Chef offenbar Botschaften aufsagt. Die Clips sind vom Pentagon ohne Ton veröffentlicht worden, um zu vermeiden, „Propaganda“ für das Terrornetzwerk „zu verbreiten“, wie ein Sprecher erklärte.

Zwar ist bin Laden auf den Videobotschaften in einem besseren Zustand und hat gefärbte Haare und Bart, doch auch diese Clips scheinen einen wenig zuversichtlichen bin Laden zu zeigen. Einmal wendet sich der Topterrorist unsicher an jemanden im Raum, als wolle er fragen, wie die Aufnahme von ihm wirke. Auch der Hintergrund erscheint in wenigstens zwei Fällen merkwürdig. Einmal steht der 54-Jährige vor einem zerknitterten Bettlaken, ein anderes Mal vor einer billigen Sperrholztür.

Wenigstens eines der Videos ist in bin Ladens Versteck in Abbottabad gefilmt. Ein anderes Video von seiner letzten Bleibe, das al-Dschasira von ungenannten pakistanischen Quellen erhielt, zeigen Haus und Hof des Topterroristen am Montagmorgen nach dem Zugriff der Amerikaner. Auch darin wirkt der Komplex vernachlässigt. Die Einrichtung ist schäbig, überall liegt Müll, der Garten ist verwildert.

All diese Bilder scheinen den Aussagen aus den USA zu widersprechen, dass dies bis noch vor einer Woche die Kommadozentrale al-Qaidas war. Bin Laden sei bis zuletzt tief in die Entscheidungsprozesse der Terrororganisation eingebunden gewesen, hieß es. „Er war aktiv, was die operative Planung anbelangte, und er traf taktische Entscheidungen“, sagte ein Beamter des Pentagons. AGNES TANDLER

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