: Allianz will Mieten für Sozialwohnungen deckeln
WOHNEN Mietervertreter kritisieren den aktuellen Entwurf für ein Wohnraumgesetz als „Katastrophe“
REINER WILD, MIETERVEREIN
Zwei Tage vor der ersten Lesung im Abgeordnetenhaus will eine Allianz aus Mietervertretern und Politik den aktuellen Entwurf zum Wohnraumgesetz zu Fall bringen. „Wenn das so durchkommt, wäre es eine absolute Katastrophe“, sagt Sebastian Jung vom Bündnis Sozialmieter. „Dem Entwurf fehlt das erforderliche Mietenkonzept komplett“, kritisiert Reiner Wild, Geschäftsführer des Mietervereins.
Vor knapp einem Monat hatte der Senat den Entwurf beschlossen. Auf gut 80 Seiten steht, wie der soziale Wohnungsbau in den nächsten Jahren aussehen soll – oder das, was davon übrig bleibt. Denn, so ein zentraler Kritikpunkt der Mietervertreter, mit dem Gesetz würden zahlreiche Wohnungen den Status der Sozialwohnung verlieren.
Bei den Sozialwohnungen in Berlin gilt nicht der Mietspiegel, sondern die tatsächliche Kostenmiete. Weil der Senat die Differenz zwischen der Sozialmiete und der Kostenmiete übernahm, war es für Investoren attraktiv, teuer zu bauen. Das führte zu hohen Ausgaben für die Landeskasse, solange die Wohnung gefördert wurde, und zu hohen Kosten für die Mieter, wenn die Förderung endete.
Der Senat will Letzteres mit seinem Gesetzesentwurf ändern. Wohnungen sollen künftig, wenn sie aus der Förderung herausfallen, dem Mietspiegel unterliegen. Doch die Kritiker des Gesetzesentwurfs bezweifeln, dass das klappt. Denn der Mietspiegel begrenzt lediglich Mieterhöhungen. „Ein Instrument zur Mietsenkung ist er nicht“, sagt Jung. Damit meint er: Wenn der Vermieter bei einer Sozialwohnung die hohe Kostenmiete verlange und die Wohnung dann auf den Markt komme, sei die Kostenmiete die Bestandsmiete. Damit müsse der Mieter sie zahlen – egal was der Mietspiegel sagt.
Als „kontraproduktiv“ bezeichnet Jung das Gesetz. Franz Schulz, Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, nennt es „superinvestorenfreundlich“. Denn eine Immobilie, deren Wohnungen aus dem sozialen Wohnungsbau herausfallen, bringe auf dem Markt deutlich mehr Geld.
Wild fordert eine festgelegte Deckelung der Mieten in Sozialwohnungen, die deutlich unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen soll. Andreas Otto, wohnungspolitischer Sprecher der Grünen, der nicht zur Allianz gehört, schlägt unter anderem vor, das Umwandeln von Miet- in Eigentumswohnungen genehmigungspflichtig zu machen und Sozialwohnungen aus insolventen Beständen aufzukaufen, um den Bestand zu vergrößern.
Das Gesetz soll nach Aussagen von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) noch in dieser Legislaturperiode vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden. SVE