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Archiv-Artikel

Griff nach der Windmesse

MESSESTREIT Erbittert kämpften Husum und Hamburg um die weltgrößte Windmesse. Ab Dienstag findet sie nun erstmals an der Elbe statt

Als der Messekrieg beigelegt wurde, setzten alle eine angestrengt gute Miene auf. Es gebe keine Verlierer, alle zusammen seien Gewinner, beteuerten am 29. April 2013 Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD), der parteilose Hamburger Wirtschaftssenator Frank Horch, Peter Becker, Geschäftsführer der Messe Husum und Bernd Aufderheide, Geschäftsführer von Hamburg Messe und Congress (HMC). Ab 2014 solle, so der Kompromiss, die weltgrößte Windmesse „Wind Energy“ in den geraden Jahren in Hamburg statt in Husum stattfinden, die Kleinstadt an der Nordsee müsse sich in den ungeraden Jahren mit einer nationalen und deutlich kleineren Windmesse begnügen.

Vorausgegangen war ein zweijähriger Streit mit harten Bandagen zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein, das über die Abwerbung der größten Messe im Lande richtig sauer war. Der grüne Umweltminister Robert Habeck sah in Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) gar die personifizierte hansestädtische Arroganz. Scholz kenne offenbar, so Habeck, „zwischen sich und der Sonne keine weitere Ebene“. Die diplomatischen Beziehungen näherten sich dem Nullpunkt.

Seit 1989 hatte sich an der Nordsee aus alternativen Anfängen die weltweit bedeutendste Messe für erneuerbare Energien entwickelt. Aber als nach dem Reaktorunfall in Fukushima im März 2011 die Debatte über die Energiewende losbrach, forderte der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) mit 3.000 Mitgliedern die Messegesellschaften von Hamburg und Hannover auf, Konzepte für „die Ausrichtung einer Windenergiemesse von globaler Bedeutung“ vorzulegen. Ziel war es, sofort handlungsfähig zu sein, sollte Deutschland sich den erneuerbaren Energien zuwenden.

Die Hamburger legten ein Angebot vor, das in Husum als Kriegserklärung betrachtet wurde: Sie terminierten eine Konkurrenzveranstaltung auf September 2014, zeitgleich zur dortigen Messe. Nach langem Streit setzte sich schließlich Hamburg durch, auch weil der VDMA das wollte. Über einen Standortwechsel „entscheidet eben nicht die Politik, sondern die Industrie“, kommentierte das Hamburger Rathaus damals treuherzig.

Um Husum den Verlust ein wenig zu versüßen, zahlte Hamburg eine Entschädigung von vier Millionen Euro. Zudem sollen die eben noch verfeindeten Messegesellschaften beide Branchenschauen als gleichberechtigte Partner ausrichten. Damit sei es immerhin gelungen, die Messe in Norddeutschland zu halten, sagte der Kieler Wirtschaftsminister Meyer.

Denn auch Barcelona, Toronto und Buenos Aires waren im Gespräch – für die internationalen Geschäftspartner war Husum eben nicht mehr der Nabel der Welt, wie man dort letztlich einräumen musste: „Wir wurden einfach vom Wind des Erfolgs verweht.“  SVEN-MICHAEL VEIT