: Wolfowitz in Schwierigkeiten
Der Skandal um die Vetternwirtschaft des ungeliebten Weltbankpräsidenten erregt auch die Gemüter der Finanzminister auf der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank. Vor allem die Vertreter der europäischen Länder machen Druck
AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF
Paul D. Wolfowitz ist wieder einmal unter Beschuss. An diesem Wochenende bekam der Weltbankpräsident von kaum einem der zur traditionellen Frühjahrstagung der Bank angereisten internationalen Finanzminister warme Worte zu hören oder gar offene Solidarität zu spüren. Auch wenn er bestrebt war, seine Aufgaben ganz regulär wahrzunehmen, zeigte sich doch deutlich, dass sich Wolfowitz mit der Washingtoner Affäre um die Gehaltserhöhung für seine Lebensgefährtin isoliert hat. Und auch der Weltbank hat er einen Bärendienst erwiesen, denn der Skandal drohte das Treffen zu dominieren.
Pünktlich zur Frühjahrstagung hatten Kritiker des ungeliebten Direktors dafür gesorgt, dass Unterlagen auftauchten. Aus denen geht hervor, dass sich Wolfowitz 2005 persönlich um die kräftige Gehaltserhöhung seiner Freundin Shaha Riza gekümmert hat, die zuvor jahrelang bei der Weltbank gearbeitet hatte. Der Druck der Vorwürfe war tagelang gewachsen, ehe Wolfowitz sich am Donnerstag zu dem Eingeständnis durchrang: „Ich habe einen Fehler gemacht.“ Die Weltbank hatte angekündigt, zunächst Untersuchungen anzustellen, bevor das Direktorium über Konsequenzen entscheidet. Die Mitarbeitervertretung fordert dagegen bereits offen seinen Rücktritt.
„Es ist ein Witz, dass Wolfowitz Entwicklungsländer über den Kampf gegen die Korruption belehrt, während er seiner Partnerin eine großzügige Gehaltserhöhung zuschanzt“, sagt Bea Edwards von der unabhängigen Gruppierung Government Accountability Project in Washington, die die Aktivitäten der Weltbank überwacht.
Das war auch der Haupttenor auf der Frühjahrstagung. Der britische Entwicklungsminister Hilary Benn sagte, die Angelegenheit habe dem Ruf der Bank geschadet und wäre besser nicht passiert. „Wir sollten den Prozess des Direktoriums aber respektieren.“ Auch seine deutsche Kollegin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) ging auf Distanz. „Die Kontroverse lenkt ab von der Aufgabe, die die Weltbank hat“, sagte sie. Wolfowitz müsse nun „selbst entscheiden, ob er angesichts dieses Fehlers seine Aufgaben glaubwürdig vertreten kann“. Schließlich sei gerade er immer als engagierter Bekämpfer der Korruption aufgetreten. Ähnlich äußerten sich der französische und der brasilianische Finanzminister.
Rückendeckung erhielt Wolfowitz nur aus den USA und einigen afrikanischen Staaten. US-Finanzminister Henry Paulson wollte sich zwar nicht direkt äußern, weil er der internen Untersuchungskommission „nicht vorgreifen“ wolle. Er betonte aber, das sei „nicht so zu verstehen, dass die Unterstützung der USA für Wolfowitz nachlässt“. Die Finanzministerin Liberias, Antoinette Sayeh, erklärte: „Er ist visionär, absolut unterstützend und hört zu. In den zwei Jahren seines Vorsitzes hat er sich auf jeden Fall für die Sache Afrikas stark gemacht.“ Und ihr Kollege aus Mauritius, Rama Sithanen, sagte: „Wir glauben, dass er seine Arbeit gut gemacht hat.“
Die neue Affäre reiht sich ein in eine Serie von Kritikpunkten, seit Wolfowitz von seinem Posten als Vizeverteidigungsminister der USA zur Weltbank wegkomplimentiert wurde. Unbeliebt war Wolfowitz als Direktor von Anfang an vor allem bei den Europäern. Denn er war während seiner Zeit im Pentagon einer der Architekten des Irakkriegs und gilt als strammer Neokonservativer. Als Wolfowitz vor zwei Jahren auf Vorschlag von US-Präsident George W. Bush zur Weltbank wechselte, schlug ihm große Skepsis entgegen. Angesichts der aktuellen Affäre erscheint diese durchaus berechtigt.