: „Der Metaller will immer eins drauflegen“
Die IG Metall droht mit Arbeitskampf: Das Angebot der Arbeitgeber sei viel zu mickrig, warnt der Gewerkschafter Jörg Hofmann. Bei den heute startenden Tarifverhandlungen will er noch mehr herausholen als die Chemiebranche
JÖRG HOFMANN, 51 Jahre, ist seit 2003 Chef des mächtigen IG-Metall-Bezirks Baden-Württemberg.
taz: Herr Hofmann, heute gehen die Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektrobranche in die dritte Runde. Die Arbeitgeber haben mit 2,5 Prozent mehr Lohn und einer Einmalzahlung von 0,5 Prozent das höchste Angebot seit Jahren abgegeben. Was wollen Sie mehr?
Jörg Hofmann: Es ist ja erfreulich, dass die Arbeitgeber eingesehen haben, dass es nichts bringt, uns wochenlang hinzuhalten wie im vergangenen Jahr. Aber das, was sie uns vorgelegt haben, passt nicht in das Jahr 2007.
Sie meinen ein Jahr mit guter Konjunktur vor allem in der Metall- und Elektrobranche?
Das sind doch Rahmenbedingungen, die jeder, der irgendwie mit dem Tarifgeschäft zu tun hat, akzeptieren muss. Das zeigen doch auch die Abschlüsse in der Chemiebranche und beim Bau …
… mit 4,3 Prozent beziehungsweise 3,5 Prozent Lohnerhöhungen …
… und ich weiß nicht, wie wir die Lücke zu unserer Forderung von 6,5 Prozent schließen sollen. Den Betrieben mit ihren vollen Auftragsbüchern hilft kein langes Gezerre um die Lohnerhöhung. Das wissen auch die Arbeitgeber. Entweder gibt es einen schnellen Durchbruch – oder wir einigen uns nicht.
Und dann?
Dann ist der Weg vorgezeichnet – und der führt in den Arbeitskampf. Das erzürnt mich: Weil es mit dem mickrigen Angebot der Arbeitgeber kaum eine Chance gibt, noch vor dem Ende der Friedenspflicht Ende April eine Lösung zu finden. Und keine Angst: Die IG Metall ist mobilisierungsfähig. Das haben wir mit den Protesten gegen die Rente mit 67 schon demonstriert.
Braucht die IG Metall denn Warnstreiks für die innere Organisation?
Die IG Metall braucht keine Warnstreiks für ihre innere Klarheit. Sondern um Druck auf die Arbeitgeber auszuüben. Und übrigens ist es so: Auch Arbeitgeberverbände brauchen manchmal Warnstreiks, damit sie unter diesem Bedrohungsszenario einen Tarifkompromiss gegenüber ihren Mitgliedsunternehmen rechtfertigen können.
Zuletzt wurden die Gewerkschaften gelobt für ihre Lohnzurückhaltung in den vergangenen Jahren. Haben Sie die jetzt wieder aufgegeben?
In vielen Branchen gab es zuletzt keine zufriedenstellende Lohnentwicklung. Wir dagegen hatten im Konzert der Gewerkschaften sicher gute Abschlüsse. Ich sehe jetzt keine Wende in unserer Lohnpolitik.
Die Arbeitgeber sehen diese Wende: Ihre Lohnzurückhaltung habe im vergangenen Jahr 30.000 Jobs geschaffen. Die neue Forderung würde diese Stellen wieder vernichten.
Ich würde die Beschäftigungszahlen auch liebend gerne so optimistisch zeichnen wie die Arbeitgeber. Aber Gesamtmetall verschweigt, dass wir in den vergangenen Jahren leider einen deutlichen Beschäftigungsabbau erlebt haben. Mit den 30.000 neuen Arbeitsplätzen 2006 erreichen wir nicht mal das Niveau von 2005.
Die Arbeitgeber wollen die Kosten jetzt drücken, indem sie einen Teil der Lohnerhöhung durch einen Konjunkturbonus abgelten. Was haben Sie dagegen?
Ich habe nichts Grundsätzliches gegen Einmalzahlungen. Aber bisher haben wir solche Festbeträge verhackstückt, um ein Tarifergebnis glattzuziehen. Um zum Beispiel einen Fehlmonat auszugleichen.
Und jetzt?
Jetzt versuchen die Arbeitgeber, aus der Einmalzahlung ein strukturelles Element bei der Lohnfindung zu machen. Sie wollen damit Konjunktur abbilden.
Was ist denn eine mögliche Kompromissformel für die IG Metall: Auf jeden Fall besser sein als die Chemiebranche?
Man orientiert sich an den Größen in der Chemiebranche. Aber eher in dem Sinne, dass man schaut: Was macht der Nachbar? Aber Sie werden nicht alles, was Ihr Nachbar macht, gleich nachmachen wollen. Vor allem nicht, wenn ihre Produktivitätssteigerung größer ist.
Aber zwischen Nachbarn gibt es oft die größte Konkurrenz.
Ja, gut. Der Ehrgeiz eines Metallers ist immer der, dass er da noch eins drauflegen will.
INTERVIEW: THILO KNOTT