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Archiv-Artikel

Geld vom Staat macht Solarzellen teuer

Neue Werke und technischer Fortschritt sorgen für Euphorie in der Solarbranche. Doch noch lebt sie von hoher finanzieller Förderung. Nicht nur der Bundeswirtschaftsminister will sie senken, auch überzeugte Kämpfer für den Sonnenstrom üben Kritik

Die Kosten der Hersteller sinken, die Kunden zahlen weiter hohe Preise

VON BERNWARD JANZING UND MALTE KREUTZFELDT

Die Vertreter der Solarbranche können sich auf der gestern eröffneten Hannover Messe über wachsendes Interesse freuen. Nicht nur, weil erneuerbare Energien einen Schwerpunkt der Industrie-Schau bilden. Generell boomt die Branche. Erst am vergangenen Freitag nahm die SolarWorld AG im sächsischen Freiberg eine neue Fabrik in Betrieb, in der dünne Silizium-Scheiben für Solarzellen, so genannte Wafer, produziert werden. Bis 2009 soll der Standort mit weiteren Werken zum europäischen Solarzentrum ausgebaut werden; Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sieht ihn als „Solarhauptstadt Deutschlands“.

Mit ähnlichen Titeln schmücken sich auch andere Regionen. In Sachsen-Anhalt sollen bis 2012 im „Solar Valley“ im Kreis Bitterfeld 10.000 Arbeitsplätze entstehen. Wichtigster Investor ist der Hersteller Q-Cells. Und auch Frankfurt (Oder) setzt voll auf Solarindustrie: Dort rüstet die Conergy AG derzeit die gescheiterte Chipfabrik zur Produktion von Solarzellen um, weitere Hersteller siedeln sich an. Insgesamt ist die Produktion von Solarzellen im vergangenen Jahr zweistellig gewachsen, berichtet der Bundesverband Solarenergie. Die Exporte haben sich in den letzten drei Jahren sogar verfünffacht.

Mitten in den Boom platzt nun eine Debatte über die künftige Förderung der Solarenergie. Denn Strom aus Solarzellen rechnet sich derzeit nur durch staatliche Vorgaben: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) garantiert den Betreibern einer kleinen, neu installierten Solaranlage auf einem Hausdach derzeit eine Vergütung von 49,2 Cent pro Kilowattstunde. Dieser Wert sinkt schon jetzt jedes Jahr um 5 Prozent, um Solaranlagen allmählich an den Marktpreis heranzuführen. Doch nun werden Forderungen nach schneller sinkenden Vergütungen laut. Nicht nur ein Gutachten im Auftrag von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) empfahl, im Rahmen der anstehenden EEG-Novelle geringere Preise einzuführen; auch aus der Solarszene selbst kommt jetzt der Vorstoß, die Sätze zu senken.

Denn sinkende Vergütungen dürften zu niedrigeren Anlagepreisen und damit zu einer effizienteren Nutzung der Fördergelder führen. In den vergangenen Jahren habe die Branche ihre Kosten um mehr als 5 Prozent jährlich gesenkt, diese Einsparungen aber nicht voll an die Kunden weitergegeben, kritisiert das Fachmagazin Photon. Die Kunden haben sich daran kaum gestört und trotzdem gekauft, die Förderung ist ja entsprechend hoch.

Photon-Chefredakteurin Anne Kreutzmann fordert nun eine stärkere Degression der Vergütung von bis zu 10 Prozent. So werde Solarstrom schon bis 2014 auf das Niveau des Steckdosenstroms gedrückt. Hinter dem Vorstoß steht vor allem die Angst, der Gesetzgeber könnte den Ausbau der Photovoltaik deckeln, weil irgendwann die Kosten der Markteinführung aus dem Ruder laufen. Schon in diesem Jahr wird die Förderung des Solarstroms, die über eine Umlage von den Stromkunden finanziert wird, möglicherweise den Betrag von 2 Milliarden Euro erreichen. Wer glaube, dass ein solcher Betrag bei der in diesem Jahr anstehenden EEG-Novelle keine Rolle spielen werde, sei „politisch höchst naiv“, sagt Kreutzmann. Eine höhere Degression sei deshalb „ein gutes Angebot an die Politik“.

Im Sinne der Modulhersteller wäre es allerdings nicht, schließlich müssten diese ihre Gewinnspanne kappen. Entsprechend reagiert Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft: „Es gibt keine Spielräume für solche Experimente.“ Die Unternehmen bräuchten verlässliche Rahmenbedingungen, um ihre Produktion massiv auszubauen.

Dass in der Branche satt verdient wird, bestreiten die Unternehmen indes nicht: Conergy-Chef Hans-Martin Rüter bestätigte kürzlich, dass die neue Fabrik des Branchenriesen in Frankfurt (Oder) bei heutigen Marktbedingungen nach nur einem Produktionsjahr bereits bezahlt ist.