: Keine Schließungen im Wahlkampf
Behörde plant 56 Ausnahmen vom Schulgesetz. Ginge es nach den darin vorgeschriebenen Mindestgrößen, dürften etliche Schulen keine neuen Klassen mehr einrichten. Die CDU begründet den Aufschub mit der anstehenden Reform
Eine Debatte über Schulschließungen führen Politiker stets nach Wahlen, niemals davor. Diesem Motto folgend hat Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) jetzt den schulischen Kammern eine Verordnung fürs neue Schuljahr vorgelegt, die 56 Ausnahmen von den gesetzlich vorgeschrieben Mindestgrößen vorsieht.
Man erinnere sich: Kurz nach der vorigen Bürgerschaftswahl, im Herbst 2004, legte die Bildungsbehörde Pläne für eine große Schulschließungsrunde vor. Eine Grundlage dafür waren neue „Mindestzügigkeiten“, die in Paragraph 87 des Schulgesetzes eingefügt wurden. Grundschulen müssen demnach mindestens zwei Klassen pro Jahrgang haben, dasselbe gilt für die Beobachtungsstufe an Haupt- und Realschulen (HR). Gymnasien und Gesamtschulen sollen mindestens dreizügig sein, ebenso die HR-Schulen ab Klasse 7. Wird diese Marge mangels Anmeldungen zwei Jahre nacheinander verfehlt, soll an der Schule „im folgenden Jahr keine Eingangsklasse mehr eingerichtet werden“ – so steht es seit 2004 im Gesetz.
Seither droht die Schließung zahlreicher Hamburger Schulen. Kritiker hatten von Anfang an gemahnt, dass diese Hürden zu einer Massenschließung von HR-Schulen führen würde. Wurden die Vorgaben 2005 noch konsequent angewandt – unter anderem wurde die Gesamtschule Steilshoop geschlossen –, erlaubte die Behörde bereits 2006 zahlreiche Ausnahmen. In diesem Jahr nun „wird die Ausnahme zur Regel“, wie ein Insider scherzt. So wird allein 17 Grundschulen erlaubt, im dritten Jahr nur mit einer 1. Klasse zu starten. Ferner wird 14 HR-Schulen gestattet, erneut nur eine 5. Klasse einzurichten und gar 21 HR-Standorte dürfen in Klasse 7 die Mindestgröße zum dritten Mal unterschreiten. Auch für die Gymnasien Finkenwerder, Blankenese, Meiendorf sowie das Harburger Immanuel-Kant-Gymnasium wird mit der erlaubten Zweizügigkeit eine Ausnahme gemacht.
Der CDU-Schulpolitiker Robert Heinemann begründet das Papier mit dem geplanten Zwei-Säulen-Modell: „Wir befinden uns im Vorfeld einer großen Schulstrukturreform“, sagt er zur taz. Da mache es wenig Sinn, noch „Entscheidungen zu treffen“. Man wolle in „regionalen Entwicklungskonferenzen“ schauen, wie sich die Schulen entwickeln. Auch gebe es kleine Häuser, die man zur Versorgung im Stadtteil erhalten müsse. Ob die Mindestwerte zu streng waren, könne man „nach 2009 überlegen“. Kaija Kutter