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Archiv-Artikel

Staatliche Vormundschaft unerwünscht

Das zentrale Vorsorgeregister für Krankheitsfälle erfreut sich zunehmender Beliebtheit

BERLIN taz ■ Immer mehr Deutsche wollen im Notfall von Personen ihres Vertrauens betreut werden. Wie Justizministerin Brigitte Zypries gestern bei der Vorstellung des Jahresberichts bekannt gab, haben inzwischen mehr als 500.000 Menschen beim Zentralen Vorsorgeregister eine Vollmacht eintragen lassen – für den Fall, dass sie eines Tages nicht mehr in der Lage sein sollten, ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln. Damit kann vermieden werden, dass Vormundschaftsgerichte einen anonymen Betreuer stellen, der die genauen Lebensumstände nicht kennt. Stattdessen wird einer Vertrauensperson das Recht übertragen, stellvertretend für den Unterzeichner in allen persönlichen, also auch in Vermögens-, Steuer- und sonstigen Rechtsangelegenheiten zu entscheiden.

Das Register der Bundesnotarkammer, auf das Gerichte jederzeit online zugreifen können, nahm im März 2005 seinen Vollbetrieb auf. Derzeit kommen monatlich im Durchschnitt etwa 12.000 Meldungen hinzu. Mit der positiven Entwicklung der bundesweiten Datenbank sieht sich Zypries in ihrer Forderung, das menschliche Selbstbestimmungsrecht im Krankheitsfall zu stärken, bestätigt. Zuletzt hatte die SPD-Politikerin einen Gesetzesantrag im Bundestag unterstützt, der die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen erhöhen soll. Der Erfolg des Zentralregisters zeige, dass „wir ein Thema getroffen haben, das die Menschen interessiert“.

Kritiker fürchten, dass die steigende Popularität der Vorsorgevollmacht auf längere Sicht die Berufsbetreuung entbehrlich machen könnte. Die Geschäftsführerin des Bundesverbands der Berufsbetreuer, Anette Reinders, kritisiert zudem, dass bei Vorsorgevollmachten nicht überprüft werden könne, ob der Bevollmächtige auch tatsächlich im Sinne des Unterzeichners handelt. Staatlich organisierte Betreuungsangebote können hingegen gerichtlich überwacht werden. „Eine zusätzliche Betreuungsverfügung ist daher unerlässlich, da das Gericht dann schauen kann, inwiefern der Bevollmächtigte tatsächlich in der Lage ist, seinen Vollmachten nachzukommen“, sagte Reinders der taz. VEIT MEDICK