: Ein Festival für einen Preis
JUBILÄUM Mit einem kleinen Festival feiert die Schwankhalle rund um die Vergabe des Autoren- und Produzentenpreises dessen zehnjähriges Bestehen. Seine Zukunft allerdings ist äußerst ungewiss
■ 2004 Maren Strack/ post theatre, Berlin, New York, Tokio für „Figure 8 Race“ (Tanzperformance)
■ 2005 „gold extra“, Salzburg, für „RIOT KATZN“ (Live-Comic)
■ 2006 Ulf Aminde, Berlin, für „Straße ist Straße und keine Konzeptkunst“ (Video-Aktion)
■ 2007 „lunatiks produktion“, Berlin, für „Performing Crime Bremen“ (Archiv-Performance)
■ 2008 Till Müller-Klug und Bernadette La Hengst, Berlin für „Der innere Innenminister“ (Live-Hörspiel)
■ 2009 Esther Steinbrecher und Oliver Behnecke, Berlin und Bremen, für „Wir entern!“ (LAN-Party-Performance)
■ 2010 „post theater“, Berlin, Tokio, für „c-a-f-f-e-e“ (Tanzperformance)
■ 2011 „body talk“, Köln für „Ich bin ein Antifant, Madame“ (Tanzperformance)
■ 2012 Susann Maria Hempel, Weimar, Berlin, für „RETTET DEN MÜLL!“ (Film-Installation)
■ 2013 internil e.V., Leipzig, für „Untergrund – Eine Prozessbeobachtung“ (Doku/Mocku-Performance) (taz)
Zur zehnten Vergabe des Bremer Autorenpreises hat die Schwankhalle vom 24. bis zum 28. 9. ein Festival mit Ausstellungen und Performances der bisherigen PreisträgerInnen zusammengestellt: In diesem Jahr geht der Autorenpreis an Recha la Dous, Julia Rommel und Christian Grammel mit ihrem Projekt „Altus Inc.“ – dem Betrieb einer Schein-Stiftung: Diese gibt vor, die hohe Sangeskunst der Kastraten wiederbeleben zu wollen, indem sie auf dem Balkan Nachwuchssänger rekrutiert – was sich ja auch als ein sozialer Zweck präsentieren lässt.
Möglich, dass dieser sarkastische Fake das Ende des Preises markiert. Denn ob und wie er künftig ausgeschrieben wird, das sei noch nicht entschieden, so die neue Schwankhallen-Leiterin Pirkko Husemann: Ungewissheit, die auch damit zu tun hat, dass die designierte Ko-Leiterin Stefanie Wenner schon wieder abgesprungen ist.
Insofern erlaubt lässt sich das Minifestival als Retrospektive nutzen: Eröffnen wird es Maren Strack, Preisträgerin 2004, mit ihren Performances „Reservereifen“ und „Ytong“, während am Donnerstag endlich das Gewinnerprojekt von 2013 Premiere feiert: In „Untergrund – Eine Prozessbeobachtung“ untersuchen Arne Vogelgesang und der Leipziger Verein internil weniger den NSU-Prozess selbst, als die Schwierigkeiten und Probleme seiner Darstellung. Dafür greifen sie auf ein klassisches Spiel-im-Spiel-Setting zurück: Sie inszenieren eine junge Off-Theatergruppe, die der Ehrgeiz umtreibt, ein Stück über den Terror des NSU entwickeln – und am Ende jämmerlich scheitert.
Der Autoren- und Produzentenpreis ist mit 15.000 Euro dotiert und soll interdisziplinäre „Denk-, Arbeits- und Produktionsweisen“ fördern. Als er 2004 startete, habe er „anfangs für Irritationen“ gesorgt, sagt die derzeitige Schwankhallen-Chefin Susanne von Essen, „weil er so offen formuliert war“. Aber „gerade das hat es ja so spannend gemacht“.
Auch bei der Wahl der Juroren wurde von Beginn an auf Interdisziplinarität geachtet. „Uns war es wichtig, dass die Jury über den Tellerrand schaut.“ Anfangs mit 5.000 Euro dotiert, konnten ab 2009 dank der Karin- und Uwe-Hollweg-Stiftung 15.000 Euro Preisgeld gezahlt werden – ausdrücklich auch als Produktionskostenzuschuss. Mittlerweile ist die Ausschreibung bundesweit bekannt. In diesem Jahr wurden 130 Bewerbungen eingereicht. „Bei den Jurysitzungen sind Kontroversen keine Seltenheit“, sagt Peter Schulze. Er wirkte von Anfang an als Juror mit. „Manchmal fällt das Ergebnis sehr knapp aus. Letztlich trägt aber jeder das finale Votum mit.“
Bei Maren Strack, die den ersten Autorenpreis gewann, war die Entscheidung allerdings schnell und einhellig gefällt: Ihre Idee, mit der Tanzperformance „Figure-8-race“ dem Leben einer Rennfahrerin der 1920er-Jahre nachzuspüren, hatte die Jury geflasht. „Wegweisend“ nannte sie die Laudatio.
Auch umgekehrt hatte „diese Entscheidung enorme Auswirkungen für mich“, sagt Strack, die heute als Professorin für Performing Arts an der Kunsthochschule Weißensee lehrt. „Das war eine wirklich fruchtbare Zeit.“ CLARA ZINK