hamburger szene : Abgezählt
Dass ich mich ausgerechnet am bisher sonnigsten Sonnag des Jahres in der Penny-Filiale auf der Reeperbahn befunden habe – ja, jenem Supermarkt, der normalerweise den Leuten von Spiegel TV“ als Voyeurismus-Doku-Soap-Kulisse dient – darüber würde ich eigentlich möglichst wenig Worte verlieren wollen. Hätte es da nicht den Mandelblättchenmann gegeben.
Ich selbst stellte gerade fest, dass der Laden doch keine Kokosflocken führt, da schob sich dieser große, dicke, junge Mann im lauten Hemd an mir vorbei, hockte sich vor die Mandelblättchen auf den Fußboden, zog zielsicher den ersten Karton aus dem Regal, um dann den zweiten zu greifen und seinen Inhalt auf dem Fußboden zu verteilen. Ich war fasziniert, wartete auf schüttelnde, wiegende Bewegungen, auf mögliche Aussuch- und Ausschlussrituale, war bereit, ihn zurechtweisen oder ihm zu helfen. Nach gefühlten fünf Minuten begriff ich, dass er die Mandelblättchentüten zurück legte, dabei zählte und, im glücklichen Besitz von 100 oder 200 Tüten, den Karton griff und ihn wegtrug.
Verborgen hinter Cornflakespackungen konnte ich beobachten, wie der Mann seine Mandelblättchen und vier Kartons Eistee im Wagen an die Kasse schob. Eine Diät aus Mandelblättchen und Eistee kam mir in den Sinn, ich dachte an Trennkost und an Menschen, die Pappkartons essen. Dass er vielleicht Forelle in Mandelblättchen und danach Florentiner für ein ganzes Kreuzfahrtschiff zu bereiten habe, kam mir in den Sinn, aber für Hinweise bleibe ich dankbar.REBECCA CLARE SANGER