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Archiv-Artikel

Berliner müssen um Milliarden bangen

FINANZEN Die Verhandlungen über die künftige Finanzarchitektur der Bundesrepublik beginnen

KÖLN taz | Wie werden reiche Bundesländer künftig die armen unterstützen? Um diese Frage geht es bei den an diesem Donnerstag beginnenden Verhandlungen der Finanzminister der Länder und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) über die künftige Gestaltung der Finanzbeziehungen.

Die Ministerrunde verhandelt über die künftige Verteilung von vielen Milliarden Euro zwischen Bund und Ländern und zwischen den Ländern untereinander. Nach einem komplizierten Schlüssel werden beim Länderfinanzausgleich Steuereinnahmen von den einkommensstarken auf die -schwächeren Ländern umverteilt. 2013 waren es mehr als 8 Milliarden Euro, mit Umsatzsteuerausgleich mehr als 14,5 Milliarden Euro.

Bayern, Baden-Württemberg und Hessen gelten als Geberländer. Unter Einberechnung der Umsatzsteuer gehörten 2013 aber auch Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Rheinland-Pfalz dazu. Der bisherige Verteilungsmechanismus steht zur Disposition, weil Ende 2019 nicht nur der Solidarpakt II und Gesetze auslaufen, die den Solidaritätszuschlag regeln. Außerdem klagen Bayern und das schwarz-grün regierte Hessen gegen den Länderfinanzausgleich vor dem Bundesverfassungsgericht.

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD), der die Arbeitsgruppe gemeinsam mit Schäuble leitet, fordert die Runderneuerung der gesamten Finanzbeziehungen und eine andere Verwendung des Solidaritätszuschlags. „Künftig sollte der Soli den Strukturwandel im Westen wie im Osten finanzieren, anstatt für die Sanierung des Bundeshaushalts herzuhalten“, so Walter-Borjans. Auch Bayern will eine grundlegende Neuordnung – aber in eine andere Richtung. Finanzminister Markus Söder (CSU) fordert etwa mehr Steuerautonomie für die Länder.

Rot-Grün gegen Grün-Rot

Die Verhandlungen werden auch deshalb schwierig, weil die Interessen quer zu den Parteilagern liegen. Der Vorschlag, einen Fonds für die Altschulden der Länder einzurichten, unterstützt das rot-grün regierte NRW, das grün-rote Baden-Württemberg ist dagegen.

Beim Treffen der Reformrunde Anfang September erhielten die Staatssekretäre den Auftrag, die bisherigen Vorschläge durchzurechnen. Vertreter der Länder sollen sich in einigen Punkten bereits geeinigt haben. Im Oktober soll den Ministerpräsidenten ein Vorschlag für den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vorgelegt werden. Im Dezember wird eine Empfehlung für den Ausgleich zwischen den Ländern erwartet.

Die Stadtstaaten profitieren bisher davon, dass ihre Einwohner bei der Berechnung stärker gewichtet werden als die der Flächenstaaten. Berlin etwa bekommt mehr als 3 Milliarden Euro aus dem Länderfinanzausgleich. Die Geber wollen diese Regelung abschaffen. ANJA KRÜGER