VON DER LEYENS FAMILIENSPLITTING WIRKT MODERN, IST ES ABER NICHT
: Klassische Klientelpolitik

Auf den ersten Blick wirkt es wie ein innovatives Konzept: Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) will das Land mit einem Familiensplitting beglücken. Ehepaare mit Kind stünden dann steuerlich besser da. Sie dürften ihre Einkünfte nicht wie bisher durch zwei teilen, sondern je nach Kinderzahl durch einen höheren Faktor. Ist dies also ein sinnvoller Schritt hin zum Familienidyll Deutschland?

Keineswegs. Denn schon auf den zweiten Blick offenbart der Plan Schwächen. So profitiert vor allem eine Gruppe stark von einem Familiensplitting: Ehepaare mit sehr hohem Einkommen. Solche Eltern hätten in der Tat einen Anreiz, mehrere Kinder in die Welt zu setzen. An einkommensschwachen Familien aber geht das Vorhaben vorbei. Wer so wenig verdient, dass er kaum Steuern zahlt, dem nützen weitere Splittingfaktoren wenig.

Unter der Aura des Modernen verbirgt sich also eine klassische Klientelpolitik. Das an sich ist noch nicht verkehrt. In einer überalternden Gesellschaft ist es sinnvoll, Paare auf vielerlei Weise zum Kinderzeugen zu animieren. Fraglich aber ist, ob der Staat ausgerechnet ein Modell ausbauen sollte, das ein traditionelles Rollenverständnis belohnt. Das Familiensplitting hat – in abgemilderter Form – das gleiche Manko, das auch das Ehegattensplitting prägt: Vor allem profitieren Paare, bei denen nur einer arbeiten geht. Eltern, die Familien- und Erwerbsarbeit fair aufteilten, werden abgestraft.

Zudem stellt sich die Frage, ob sich der Staat diese Segnungen überhaupt leisten kann. Noch ist nicht geklärt, wie das Geld für den geplante Ausbau der Kinderkrippen aufgebracht werden kann. Umso weniger Raum bleibt für andere Projekte. Fatal aber wäre es, wenn das neue Splitting zulasten anderer familienpolitischer Leistungen ginge. Wenn zugunsten einiger ohnehin Privilegierter eine alleinerziehende Verkäuferin oder eine Hartz-IV-Familie Einbußen hinnehmen müsste. Von der Leyen sollte den Mut haben, sich vom Prinzip des Splittings zu verabschieden. Das ist allemal sinnvoller, als ein im Kern problematisches Konzept ein bisschen elternfreundlicher zu gestalten. Der Staat muss Prioritäten setzen – und sich auf wirklich fortschrittliche Modelle wie die Kinderkrippen konzentrieren. COSIMA SCHMITT