: Knietief im Naturschutz
ENGAGEMENT Die Bachaktionstage des Nabu Hamburg erfreuen sich großen Zuspruchs, weil sie den TeilnehmerInnen gemeinschaftliche Natur- und Erfolgserlebnisse bieten
■ Bachaktionstage: Was 2007 als Gewässernachbarschaftstage begann, hat sich als Bach-Aktionstage zu einer Institution in Hamburg entwickelt. Der Nabu organisiert zusammen mit den Bezirken mindestens zwei Einsätze pro Bezirk und Jahr, bei denen ehrenamtliche Helfer Gewässer renaturieren.
■ Düpenau: Ein kleiner Wiesenbach, der südlich der Osdorfer Landstraße beginnt und bei Haselau in die Elbe fließt, und der an vielen Stellen zu einem Entwässerungsgraben verkommen ist.
■ Wasserrahmenrichtlinie: Die 2001 von der EU erlassene Richtlinie hat zum Ziel, ausgewählte Gewässer in Europa bis 2021 in „einen guten ökologischen Zustand“ zurückführen. Die Düpenau gehört zu diesen berichtspflichtigen Oberflächengewässern. DAH
VON DARIJANA HAHN
Auf den ersten Blick sieht es wie eine Geburtstagsfeier in idyllischer Landschaft aus. In der Osdorfer Feldmark sitzen zwei Dutzend Menschen unter blauem Himmel an Bierbänken, lachen und trinken Kaffee. Doch die „Party“ entpuppt sich als Pause der ehrenamtlichen Helfer bei den Renaturierungsarbeiten an der Düpenau im Hamburger Nordwesten. Dazu eingeladen hat die Gruppe Düpenautal/Osdorfer Feldmark des Naturschutzbundes (Nabu). „Wir machen das heute zum wiederholten Male“, sagt Gruppenleiter Klaus Berking in seiner Signalweste und guckt erfreut auf die vielen Menschen zwischen den zahlreichen Baumstämmen und Bausäcken voll mit Kies.
Am buschigen Ufer der schmalen Düpenau schaufeln die Helfer den Kies in die Schubkarren, schütten ihn das Bachufer hinunter, greifen sich die Holzstämme und gehen damit den Bachlauf ein wenig weiter nach oben. Die insgesamt 16 Tonnen Kies und die 50 Baumstämme sollen für Struktur im Bach und damit eine bessere Strömungsgeschwindigkeit sorgen.
Einer von den 25 Helfern ist Paul Waßmuth. Der 40-jährige Bramfelder war schon bei vielen Bachaktionstagen dabei, weil er es „faszinierend“ findet, „etwas gestalten zu können“. In Gummistiefeln, kurzer Hose und mit einem großen Hammer in der Hand steht Waßmuth im schlammigen Wasser der Düpenau und sagt strahlend: „Es ist ein wirkliches Naturerlebnis.“
Schutz für Jungtiere
Gemeinsam mit seinem Helferkollegen Christoph von Gosslar ist er dabei, ein Holzponton zu bauen, unter dem sich Wassertiere verstecken und Junge aufziehen können. Mit viel Draht und reichlich Krampen haben sie schon fünf Holzstämme aneinandergebunden, so dass es aussieht, als ob sie gleich mit einem Floß lospaddeln wollten.
Doch nun heißt es, die Holzstämme an den Pflöcken zu befestigen. Abwechselnd hauen sie die Pflöcke in die Erde, reichen sich den Draht, heben die Baumstämme an und ruckeln das Ganze zurecht. Ab und zu halten sie inne und schauen sich das Zwischenergebnis an. „Jo, das sieht gut aus“, findet von Gosslar und fragt sich, wohin der kurze Baumstamm soll. „Eher nach vorne oder eher an die Seite?“
Was die beiden engagierten Männer grade machen, tun sie intuitiv. Nach einer kurzen Anleitung durch den Nabu werden die Helfer an ihre Plätze geschickt und sich ihren Fähigkeiten überlassen. Dass man „sich selbst in etwas hinein fummeln kann“, ist für von Gosslar Teil seiner Motivation. Der 39-jährige Kaufmann aus Harvestehude, der wie Kulturwissenschaftsstudent Waßmuth mit Gummistiefeln grade im Schlamm steht, demonstriert mit einem schelmischen Lächeln das, was er sagt: „Sich einfach dreckig machen, und dabei im kleinen Rahmen die Welt verbessern, dafür lohnt es sich, den Samstag hier zu verbringen.“
Derweil kommt jemand an und fragt nach einem Hammer. „Nein, der gehört uns, den brauchen wir“, sagen die beiden großen Jungs und machen weiter.
Im Hintergrund ist das knirschende Geräusch von den Stellen zu hören, an denen ein Kiesbett eingebracht wird. Hier macht Markus Brüning mit. Er ist Mitarbeiter der Wasserwirtschaftsabteilung des Bezirksamtes Altona, das für die Düpenau und deren ökologische Verbesserung verantwortlich ist.
Für die Zusammenarbeit mit dem Nabu und den ehrenamtlichen Helfern ist Brüning „sehr dankbar“, da diese notwendige Arbeit durch die Vergabe an Baufirmen „gar nicht zu bezahlen“ wäre. Ganz abgesehen davon, dass durch solche Einsätze ja auch eine „Sensibilisierung für das Gewässer“ stattfinde.
In der eigenen Umgebung, die man gut kennt, sich einbringen, das ist für Birgit der Grund, warum sie an diesem Bachaktionstag dabei ist. Birgit, die sich nur als Nabu-Mitglied vorstellen will, geht es wie vielen anderen auch: „Ich finde es gut, dass ich mich hier aktiv einbringen und ganz konkret etwas bewegen kann“, sagt Birgit, um noch zu erwähnen, dass sie „angenehme Leute“ kennengelernt habe.
Der Eisvogel der Wahrheit
Nach vier Stunden Arbeit beginnt es an der Düpenau leiser zu werden. Das Knirschen und Hämmern verebbt und nur noch vereinzelt stehen Menschen im Schlamm, um etwas zu Ende zu bringen. „Wir sind heute sehr gut in der Zeit“, sagt Nabu-Leiter Klaus Berking. Er ist mit dem Ergebnis zufrieden.
Nun wartet Berking gespannt darauf, wie das Wasser über die eingebauten Holz- und Kieselelemente, die sogenannten Strömungslenker, fließen wird. Und er wartet auf den nächsten Eisvogel, der an der Düpenau brüten wird. Besonders der Eisvogel, sagt Berking, sei ein „Indikator dafür, dass im Bach ausreichend Tiere vorhanden sind und so die Ökologie wieder stimmt“.