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Archiv-Artikel

Der Fall Buback wird Chefsache in Berlin

Schäuble will untersuchen, Exminister und Verfassungsschützer wollen von RAF-Quellen nicht gewusst haben

Parlamentarier verlangen Aufklärung über das Wissen des Geheimdienstes über RAF-Taten

BERLIN taz ■ Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat gestern angekündigt, die Arbeit der Behörden im Mordfall Buback zu untersuchen. Offen ließ er, wie viel Zeit dafür nötig sei. „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit“, betonte Schäubles Sprecher. Mit Bundeskanzlerin Merkel habe der Minister sein Vorgehen bereits abgestimmt.

Um zu klären, ob der Verfassungsschutz Informationen zurückhielt, die der Dienst seit den 80er-Jahren hatte, sollen Akten gesichtet und frühere Mitarbeiter befragt werden. „Das wird dauern“, sagte Schäubles Sprecher. „Es muss sorgfältig geschehen.“

Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags (PKG) wird sich gleichwohl bereits morgen mit der Causa Buback befassen. „Es ist selbstverständlich, dass unser Gremium einen Anspruch hat, von der Regierung informiert zu werden“, sagte der PKG-Vorsitzende Max Stadler (FDP) der taz. „Die öffentliche Diskussion gibt es ja schon seit Sonnabend, da müsste man bis Mittwoch schon etwas sagen können“, erklärte Linkspartei-Vertreter Wolfgang Neskovic der taz. Das Gremium sei dafür zuständig, zu prüfen, wie die Regierung die Geheimdienste kontrolliere. „Dazu gehört auch die Aufarbeitung von Geschehnissen aus der Vergangenheit.“

Der FDP-Politiker Gerhart Baum, der von 1978 bis 1982 Innenminister war, sagte im Bayerischen Rundfunk: „Einige Dinge wussten die Sicherheitsbehörden wohl schon länger, aber wir wussten es nicht. Und das ist das Problem.“ Sein Nachfolger Friedrich Zimmermann (CSU), 1982 bis 1989 im Amt, sagte zu Berichten, wonach die Exterroristin Verena Becker in den 80er-Jahren gegenüber Verfassungsschützern Knut Folkerts im Fall Buback entlastet und Stefan Wisniewski belastet habe: „Ich wusste von dieser Aussage nichts. Wenn sie gemacht worden wäre, gehe ich davon aus, dass ich es gewusst hätte.“

Nur: Wer wusste überhaupt etwas? Richard Meier, der von 1975 bis 1983 Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz war, sagte der Bild: „Es wurden nach meinem Wissen keine Erkenntnisse zum Täterkreis der RAF unterdrückt.“ Er schließe auch aus, dass Becker in seiner Amtszeit zum Verfassungsschutz übergelaufen sei: „Das hätte ich wissen müssen.“ LUKAS WALLRAFF