: Geflutete Windkrafttürme
SPEICHER Ein ungewöhnliches Projekt in Württemberg erhitzt die Gemüter. Fragen zur Rentabilität
FREIBURG taz | Windkrafttürme, die mit Wasser gefüllt werden – so etwas soll es bald im württembergischen Gaildorf geben. Geplant sind vier Rotoren, die Teil eines Pumpspeicherwerks sind: Aus einem Unterbecken am Fluss Kocher soll in Zeiten von Stromüberfluss Wasser emporgepumpt werden in die Turmfüße. Ist im Netz der Strom knapp, fließt das Nass zurück und erzeugt dabei Elektrizität.
Von einem Hybridkraftwerk sprechen die Planer. Treiber des Projektes sind vor allem der Baukonzern Max Bögl, der Wasserturbinenbauer Voith Hydro und die Windkraftfirma Gamesa. Die Maschinen in den Limpurger Bergen wären weltweite Prototypen. Zur Überbrückung langfristiger Flauten – etwa einer winterlichen Hochdrucklage – wird der Speicher allerdings nicht taugen.
40.000 Kubikmeter Wasser soll jeder der vier Türme fassen, was bei einer Fallhöhe von 200 Metern eine Gesamtkapazität von etwa 70 Megawattstunden ergibt. Bei einer Turbinenleistung von 16 Megawatt sind die Speicher also nach viereinhalb Stunden leer – und werden damit nur zum kurzfristigen Ausregeln des Netzes nutzbar sein.
Ist das Ganze wirtschaftlich? Die Projektgegner der Bürgerinitiative „für Gaildorf“ sprechen von „ineffektiven, kostspieligen Speicherspielchen“. Die Planer sind hingegen guten Mutes: Die Rentabilität der Windkraftanlagen liege „im guten Bereich“, versichert Alexander Schechner, Geschäftsführer der MBS Naturstromspeicher GmbH, die im Haus des Baukonzerns Max Bögl sitzt. Allerdings muss auch er eingestehen, dass „die Rentabilität der Speicherinvestition über die ersten 20 bis 30 Jahre deutlich unter der Windkraft“ liegt. Damit jedoch steht dieses Projekt nicht allein: Die ökonomischen Perspektiven für Pumpspeicherwerke sind derzeit überall schlecht: Diese hatten sich über die teuren Mittagsspitzen beim Strompreis finanziert. Die Preisspitzen sind allerdings wegen des vielen Solarstroms wesentlich kleiner geworden.
Seit die Pläne bekannt sind, ist der Ort gespalten wegen des Eingriffs in die Landschaft. Im Dezember 2011 gab es sogar eine Volksabstimmung. Damals entschieden sich zwar fast 57 Prozent der Bürger für das Projekt, die Kritik ist trotzdem nicht verstummt.
Jetzt wollen die Planer das Projekt durchziehen; es sei schließlich „mit Sofortvollzug genehmigt“, betont Ideengeber Schechner. Den Widersprüchen, die noch bei der Genehmigungsbehörde anhängig sind, räume er „geringe Aussicht auf Erfolg“ ein. Deshalb seien inzwischen „konkrete Vorbereitungen für einen Baubeginn in den nächsten Wochen“ im Gange – auf dass die Praxis zeigen kann, ob der wassergefüllte Windkraftturm wirklich etwas taugt.BERNWARD JANZING