: Wie Engelchen
Die unaufdringlichen Hits von Herman Dune, heute im Festsaal Kreuzberg und auf ihrem Album „Giant“
Um’s kurz zu machen: Die Pünktchen sind verschwunden, weil der Amerikaner so was nicht kennt. Also heißen Herman Düne neuerdings Herman Dune und es gibt einen Haufen verstümmelter E-Mails weniger. Das ist doch schön.
Damit allerdings sind wir schon am Ende mit den einfachen Antworten. Schon die Herkunft der Band ist einigermaßen geheimnisumwabert: Frankreich scheint noch am wahrscheinlichsten, im Gespräch sind aber auch Schweden, die Schweiz oder die USA. Ein Mitglied des Trios ist unlängst ausgestiegen, deshalb sind David-Ivar Herman Dune und Néman Herman Dune jetzt nur noch ein Duo. Was sich auf der Bühne des Festsaals aber schnell wieder ändern könnte: Womöglich kehrt ja der verlorene, in Berlin gestrandete Bruder für einen Gastauftritt zurück.
Gäbe es einen Hochleistungssport „Musikalische Entspannung“, dann wäre Jeb Loy Nichols der mittlerweile von Verletzungen geplagte Altmeister, Jack Johnson der am Start weggedämmerte Amateur und Herman Dune die langjährigen Geheimfavoriten, die auf „Giant“ endlich ihr gesamtes Potenzial ausschöpfen. Die Songs auf diesem so ungefähr fünften oder sechsten Album sind allesamt Hits. Oder besser: Wären Hits, wenn sie nicht so penetrant unaufdringlich daherkämen.
Die akustische Gitarre klimpert, die Perkussion tapert, und die Herren Dune singen wie Engelchen auf Weihrauchflash. Lange schon hat man niemanden mehr so souverän sinnlose Laute brabbeln hören. Man kann aber auch anders und trifft das Timbre des ernsthafteren Liedermachers so exakt, dass ein Auftritt beim Bob-Dylan-Doppelgänger-Contest vorstellbar wäre. Und wenn eh schon alles egal ist, dann wird halt ein Surfsong intoniert, verträumtes Blech geblasen oder selbst vor Panflöten nicht zurückgeschreckt.
Am wundervollsten allerdings sind jene Songs wie „I Wish I Could See You Soon“ oder „Take Him Back to New York City“, in denen David-Ivar Herman Dune den Schalk in der Stimme anknipst und beim Singen die Mundwinkel hochzieht. Dann wirkt er wie eine junge, frische, aktualisierte Wiederkunft von Jonathan Richman. Und wenn dann noch die Woo-Woos, eine für „Giant“ extra zusammengestellte Girlcombo aus Lisa Li-Lund und den Babyskins aus New York, zum mehrstimmigen Süßholzraspel-Hintergrundgesang ansetzt und damit Richmans viel zu lange schon eingemottete Begleitband Modern Lovers wiederbelebt, dann könnte man endgültig vor Rührung in die Knie sinken.
Eins ist noch zu klären: Bisweilen steht über Herman Dune zu lesen, er sei ein Vertreter des Anti-Folk. Das stimmt nicht so recht, denn erstens ist er schon mal nicht Anti. Und erst recht auch nicht Freak oder Weird oder was da noch so an modischem Schnickschnack-Folk durch die Presse geistert. Musikalisch muss man sagen: Herman Dune ist einfach Folk. Freundlicher, lieber, netter Folk. Zum Glück nicht platt, aber auch ganz und gar nicht schräg. Oder zumindest nur ein bisschen. Gerade so halt, dass ihnen das erstaunliche Kunststück gelingt, obwohl man beständig in der eigenen Süßlichkeit zu versinken droht, nicht zur Karikatur seiner selbst zu verkommen. Pünktchen sind dazu offensichtlich nicht vonnöten. THOMAS WINKLER
Herman Dune: „Giant“ (Virgin) Konzert heute, 21 Uhr, im Festsaal Kreuzberg