: Polizisten und Kriminelle gehen gegen Studenten vor
MEXIKO Bei Gewalt gegen Oppositionelle im Bundesstaat Guerrero sterben sechs Personen
BERLIN taz | Im südmexikanischen Bundesstaat Guerrero ist erneut die Gewalt gegen Oppositionelle eskaliert. Bei Angriffen auf Studenten starben in der Nacht zum Samstag in der Stadt Iguala sechs Personen. Polizisten und Kriminelle gingen in der von sozialen Kämpfen und Mafiabanden geprägten Region gemeinsam gegen Aktivisten und Unbeteiligte vor.
Kommilitonen der für ihre rebellische Haltung bekannten pädagogischen Hochschule Ayotzinapa hatten in Iguala Spenden gesammelt, um ihre Fahrt zu einer Demonstration in Mexiko-Stadt zu finanzieren. Dort sollte Studenten gedacht werden, die 1968 erschossen worden waren. Doch Beamte der lokalen Polizei stoppten einen von drei Bussen, die die Lehreranwärter in Beschlag genommen hatten, um zu flüchten. Weil die Studenten sich weigerten auszusteigen, nahmen die Polizisten das Fahrzeug unter Beschuss. Fenster, Reifen und Windschutzscheibe seien durchlöchert gewesen, berichten Augenzeugen. Einer der Aktivisten wurde so schwer verletzt, dass er in der Nacht starb.
Vier Stunden später griff eine bewaffnete Bande eine Pressekonferenz der Studenten an, die am selben Ort stattfand. Zwei weitere Kommilitonen kamen ums Leben. Die Lehrergewerkschaft Ceteg kritisierte, dass keine Sicherheitskräfte das Treffen geschützt hätten. Zuvor war ein weiterer Bus von Kriminellen beschossen worden, in dem ein Fußballteam saß, das sich auf der Heimfahrt befand. Der Trainer, der Fahrer sowie eine Unbeteiligte starben. Offenbar sei es zu einer Verwechslung gekommen, vermutet die Tageszeitung El Sur.
Rathäuser in Mafiahand
Viele Rathäuser in Guerrero werden von der Mafia kontrolliert. Deshalb ist es nicht ungewöhnlich, dass lokale Polizisten und Kriminelle kooperieren. Linke Gruppen wie die Ayotzinapa-Studenten sind beiden ein Dorn im Auge. 2011 töteten Sicherheitskräfte in der Landeshauptstadt Chilpancingo zwei Lehranwärter bei einer Demonstration. Bis heute ist unklar, ob bei diesem Einsatz auch Waffen der deutschen Firma Heckler & Koch zum Einsatz kamen. Die Firma exportierte knapp 2.000 G-36-Gewehre an Polizeien in der Region, obwohl sie aufgrund der schwierigen Menschenrechtslage keine Ausfuhrgenehmigung erhalten hatte. WOLF-DIETER VOGEL