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Archiv-Artikel

„Wir setzen auf Prävention“

Die gesundheitsorientierte Wellness-Variante verlangt Betreuung des Gastes unter ärztlicher Aufsicht. „Es muss einen messbaren Erfolg der Behandlung geben“, sagt Lutz Lungwitz, Vorstand des deutschen Medical Wellness Verbands e. V.

INTERVIEW EDITH KRESTA

taz: Herr Lungwitz, bringt der Medical Wellness Verband mit seinen Richtlinien Licht in den Dschungel der boomenden Wellness-Angebote?

Lutz Lungwitz: Ich würde unsere Angebote nicht als Wellness bezeichnen – so wie der Normalverbraucher Wellness versteht.

Aber es heißt ja nun mal Medical Wellness.

Ja. Aber für uns ist Medical Wellness gesundheitsorientierte und präventive, messbare Anwendung unter Aufsicht eines Mediziners. Der ist obligatorisch.

Den haben doch die wenigsten Medical-Wellness-Anbieter.

Das ist genau der Punkt. Natürlich gibt es Anbieter, die Medical Wellness auf ihr Produkt schreiben und man fragen muss, ob da tatsächlich Medical Wellness drin ist.

Wie kann sich der Verbraucher vor dem Missbrauch der Medical Wellness als Marketinginstrument schützen?

Wir haben als deutscher Medical Wellness Verband zusammen mit dem TÜV Rheinland ein Prüfsiegel entwickelt. Damit prüfen wir Medial-Wellness-Einrichtungen. Und bei dieser Prüfung gilt als wichtigste Voraussetzung, dass ein Arzt eingebunden sein muss. Und dass es eine Nachhaltigkeit gibt. Es muss einen messbaren Erfolg der Behandlung geben. Entweder der Verbraucher schaut nach, ob die Einrichtung, die er auswählt, das Prüfsiegel hat, dann kann er auch davon ausgehen, dass dort Medical Wellness angeboten wird. Oder – da wir ja erst mit diesem Prüfverfahren beginnen – der Verbraucher fragt in den entsprechenden Einrichtungen nach, ob ein Arzt vor Ort ist.

Was ist ein messbarer Erfolg?

Wenn ich nach dem Aufenthalt eine Besserung verspüre. Beispielsweise bei zu hohem Blutdruck. Wenn ich bei Beginn meines Aufenthalts einen zu hohen Blutdruck habe, dann muss vor dem Ende des Aufenthalts auch getestet werden, ob sich mein Blutdruck durch die Maßnahmen stabilisiert hat.

Die Hotels, die Sie zertifizieren, lassen sich aus eigener Entscheidung prüfen. Es gibt also keinerlei Auflagen für Medical-Wellness-Hotels. Der Begriff ist nicht geschützt.

Nein. Es ist eine freiwillige Entscheidung der Betreiber, sich prüfen zu lassen. Wir glauben aber, dass sich viele Häuser prüfen lassen werden, weil wir momentan im Prozess der öffentlichen Anerkennung unseres Gütesiegels sind, sowohl von den Krankenkassen als auch von den entsprechenden Bundesministerien. Die Krankenkassen bezuschussen ja Präventionsaufenthalte. Und hier stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien entscheiden die Krankenkassen. Wenn wir es gemeinsam schaffen, ein Qualitätssiegel auf den Markt zu bringen, auf das sich die Krankenkassen verlassen können, dann ist das für die Kassen eine Richtlinie und für die Betreiber ein Argument, sich zertifizieren zu lassen.

Ist Medical Wellness nur etwas für Reiche?

Nein, das würden wir als Verband nie unterschreiben. Ich glaube, man kann auch Prävention in seinen Lebensalltag bringen, ohne große finanzielle Mittel aufbringen zu müssen.

Sie meinen, es muss nicht unbedingt das Fünfsternehotel auf Usedom sein?

Nein. Wir als Verband sprechen nicht nur von Fünfsternehotels. Wir sagen: ab vier Sterne aufwärts. Denn Medical Wellness heißt schon auch, sich in einem guten Lebensumfeld zu bewegen, das ist natürlich bei einer 1-Stern-Pension nicht unbedingt gegeben.

Wäre es nicht einfacher, die Angebote in den Kurorten mit ihrer medizinischen Infrastruktur und dem ausgebildeten Personal wahrzunehmen, als in ein Privathotel zu gehen?

Jein. Natürlich spielen der Kurbegriff und die Kurorte eine wesentliche Rolle in dem Gesamtfeld Medical Wellness. Aber das Ziel bei Medical Wellness ist ein anderes als bei der klassischen Kur. Eine Kur wird dann angewandt, wenn jemand krank war oder krank ist. Und unser Ansatz ist, dass man nicht krank wird. Außerdem gibt es viele Medical-Wellness-Hotels, die in Kurorten sind und die Infrastruktur dort nutzen. Das eine widerspricht nicht dem anderen.

Haben Sie mit dem deutschen Wellness Verband Berührungspunkte. Sind Sie Konkurrenten?

Nein, wir sehen uns nicht als Mitbewerber, auch nicht als Konkurrenten. Das eine ist die Verwöhnschiene, wir setzen auf medizinische Prävention.

www.dmwv.de