: Privatisierungen weiter möglich
VERMÖGEN Volksbegehren gegen den Verkauf öffentlicher Unternehmen ist gescheitert. Ein konkreter Anlass habe gefehlt, sagen die Gewerkschaften
SPD- wie CDU-geführte Senate haben Vermögen verkauft, um, wie es hieß, die Grundlage für eine Haushaltssanierung zu schaffen. Dabei hat sich die Situation weiter verschlechtert.
■ Verkauft wurden die HEW, Hein Gas, Teile des Flughafens und der HHLA, der Landesbetrieb Krankenhäuser sowie Pflegen&Wohnen, zudem im großen Stil Immobilien.
■ Die Neuverschuldung Hamburgs ist dadurch nur vorübergehend gestoppt worden, und auch nur weil die Konjunktur brummte. Seit November 2009 tickt die Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler wieder.
Das Volksbegehren „Keine Privatisierung gegen den Bürgerwillen“ ist fehlgeschlagen. Wie der DGB und die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di mitteilten, kamen nur rund 55.000 Unterstützer-Unterschriften zusammen. 63.000 gültige Unterschriften wären nötig gewesen, um einen Volksentscheid zu erzwingen. Ver.di-Landeschef Wolfgang Rose, selbst Mitinitiator, vermutet, der Zeitpunkt für das Volksbegehren sei ungünstig gewesen: „Selbst bei vielen GewerkschafterInnen gab es keine große Sorge, dass der neue Senat öffentliche Unternehmen auf den Markt wirft.“
Die Gewerkschaften hatten das Volksbegehren vor dem Hintergrund der Privatisierungen der vergangenen 20 Jahre gestartet, die heute zum Teil weithin bedauert werden, etwa im Falle der HEW. Schon vor Beginn der Unterschriftensammlung schwante Rose, dass sich die in puncto Volksbegehren vom Erfolg verwöhnten Gewerkschaften diesmal schwertun könnten. „Es fehlt einfach der Aufreger“, sagte Rose im Vorfeld. „Als wir das Volksbegehren initiiert haben, hatten wir konkrete Hinweise darauf, dass Finanzsenator Carsten Frigge geplant hat, zumindest Teile der Stadtreinigung zu privatisieren.“ Frigge wurde mit dem CDU-Senat abgewählt.
Rose vermisste aber auch eine tatkräftige Unterstützung der Parteien: SPD und Linkspartei hätten dem Anliegen zwar zugestimmt, aber kaum dafür mobilisiert. Die GAL unterstützte das allgemeine Ziel, nicht aber die Details. Die nötige Verfassungsänderung über die Bürgerschaft durchzusetzen, sei nun schwierig, sagt Rose. „Es gibt auch viele in der SPD, die sagen, wir sind sowieso gegen Privatisierungen, wenn man uns wählt, ist das die beste Garantie dagegen.“
Die Grünen stört an der Vorlage, dass sie nicht zwischen wirtschaftlichen Unternehmen und solchen zur Daseinsvorsorge unterscheidet. „Gehört es zur Daseinsvorsorge, Container auf ein Schiff zu heben?“, fragt die GAL-Landesvorsitzende Katharina Fegebank. Der weit gefasste Schutz, den das Begehren vorsah, hätte aus Sicht der GAL die Handlungsfähigkeit des Senats verschlechtert: Der Kauf von Unternehmensanteilen wie im Falle von Hapag Lloyd werde erschwert, wenn der Wiederverkauf nur per Volksentscheid möglich sei.
Die Linke bedauerte das Scheitern des Volksbegehrens. Die FDP freute sich, dass die Entscheidung über Privatisierungen dem Parlament vorbehalten bleibe. „Dies gilt insbesondere in Zeiten knapper Kassen“, so Vizefraktionschef Thomas-Sönke Kluth.GERNOT KNÖDLER