: Bürgerkrieg in der Hauptstadt fordert zahlreiche Opfer
JEMEN Dutzende Tote bei Kämpfen mit einer Oppositionsmiliz im Zentrum von Sanaa
SANAA rtr/dpa/taz | Schwere Kämpfe in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa treiben das Land immer weiter in den Bürgerkrieg. Armeeverbände des bedrängten Präsidenten Ali Abdullah Saleh versuchten gestern, Terrain wettzumachen, das sie am Vortag an die Kämpfer des Stammesscheichs Sadik al-Ahmar verloren hatten, die sich der Opposition angeschlossen haben. Zunächst war unklar, wie viele Opfer es gab. Am Vortag waren nach Angaben des Innenministeriums 15 Soldaten, nach Angaben des Internetportals „yemenpost.net“ bis zu 40 Oppositionskämpfer getötet worden. Zwei prominente Stammesvertreter, die zu Vermittlungsversuchen in die Hauptstadt gereist waren, wurden vermutlich von Regierungssoldaten erschossen.
Präsident Salehs Truppen versuchen seit Montag, die Residenz al-Ahmars im Innenstadt-Viertel Hasaba zu stürmen. Doch dessen Kämpfer nahmen inzwischen den Sitz der staatlichen Nachrichtenagentur Saba sowie die Gebäude der Ministerien für Handel und Tourismus ein, sagte der Chefredakteur der Yemen Post, Hakim al-Masmari, dem arabischen Nachrichtensender al-Dschasira. Allein bei den Kämpfen am Mittwochmorgen habe es zwei Tote und mehrere Verletzte gegeben. Beide Seiten errichteten Straßensperren in den von ihnen kontrollierten Gebieten und machten das Zentrum unpassierbar.
Seit bereits drei Monaten fordern Regierungsgegner in Jemen Salehs Rücktritt. Immer wieder hat es bei der Niederschlagung von Protesten in Sanaa Tote gegeben, militärische Auseinandersetzungen mitten in der Hauptstadt sind jedoch neu. Diese Eskalation folgt auf den Zusammenbruch des vorerst letzten Versuchs, den Rücktritt Salehs auf friedlichem Wege herbeizuführen.
Saleh hätte am vergangenen Sonntag einen vom Golf-Kooperationsrat ausgehandelten Deal unterzeichnen sollen, der seinen Rücktritt und Straffreiheit beinhaltete. In letzter Minute sagte er seine Unterschrift ab und seine Soldaten kesselten die eigens für die Unterzeichnungszeremonie angereisten westlichen und arabischen Diplomaten in der Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate ein. Die Diplomaten mussten schließlich per Hubschrauber evakuiert werden, die Golfstaaten erklärten ihre Vermittlung für gescheitert und am Montag brachen in Sanaa Kämpfe aus. Saleh ist seitdem diplomatisch isoliert; selbst die US-Regierung, die ihn bislang als Verbündeten gegen al-Qaida betrachtete, fordert nun seinen Rücktritt.
Saleh erklärte indes, dass er nicht die Absicht habe, Jemen zu verlassen, selbst nach einem Rücktritt. Er gelobte, „gegen jeden zu kämpfen, der die Sicherheit und Stabilität gefährdet“. Jemen, sagte er, „wird hoffentlich kein weiterer gescheiterter Staat oder ein weiteres Somalia“.