: Die Sonne scheint bei Tag und Nacht
Auch und gerade im Urlaub bleibt genug Zeit zur Kontemplation über und Werbung für – die Photovoltaik!
Das Meer. Immer wieder das Meer. Irgendwie blauer als die Maas zu Hause. Am Morgen der sehnsüchtige Blick von der Ferienterrasse hier im Süden meiner Europäischen Union, im Königreich Spanien, in der autonomen Region Katalonien, Berge, Küste, Meer. Und in dieser Idylle fällt es leicht, allen Ballast hinter sich zu lassen und über das Wesentliche, das Sein an sich, nachzudenken.
Warum gibt es hier keine thermischen Solaranlagen? Warum duschen wir Feriengäste auch im sonnigen Mai bei Bratpfannen-Hitze auf dem Dach mit erdgas- oder erdölerwärmtem Wasser? Unfassbar. Was für solare Effizienzpotenziale!
Der Blick schweift weiter über die katalanischen Dächer. Weit und breit glitzern auch keine Photovoltaikmodule in der Sonne. Den Spaniern entgingen bisher photovoltaische Momente. Ich kenne mich da aus. Jedes Jahr lese ich mit geschwellter Brust den Stromzähler meiner Solaranlage ab. Die befindet sich auf dem Schwiegervaterdach einer schwäbischen Kleinstadt. Das ist für mich der magische Augenblick. Eintragen der Kilowattstunden in die Ablesekarte. So viel Kilowattstunden! Wochen später überweist mir das regionale Tochterunternehmen der EnBW das Geld für den von mir persönlich produzierten Strom. Das müssen Sie erleben!
Stellen Sie sich vor, es glitzert blau auch auf Ihrem Dach und der Stromzähler rotiert. Ich weiß, Stadtmenschen in Mietwohnungen haben ja oft kein rechtes Verhältnis zu Dächern. „Gemeinschaftsanlagen!“, rufe ich dann immer. Ach Gott. Das ist ja heute alles so einfach. Viel praktischer als ein Haustier, denn die Photovoltaikanlage bleibt auch allein zu Haus und macht keinen Dreck. Sie entspannen im Urlaub, während zu Hause der Wechselrichter schnurrt. Dann können Sie mal, wie ich, unbelastet im Liegestuhl über Ökosex und das Wesentliche nachdenken.
Ökosex wirbt seit langem mit Herz und Verstand für den Wechsel (www.atomausstieg-selber-machen.de). Wunderbar, dass immer mehr Menschen zu Hause entdecken, wie befreiend eine Kündigung bei einem Atomunternehmen sein kann. Und wer gewechselt hat, der ist auch reif für dem ultimativen Spaß. „Mach selber mehr Strom, als Du zuhause verbrauchst!“ Leitsatz für Leute, die ins Nirwana der Erneuerbaren einziehen wollen. Ökosex glaubt an die solare Effizienzrevolution der BürgerInnen. Daran, dass Sie und Du einen Unterschied machen. „Strom einspeisen, Konzerne abspeisen“. Willkommen im Klimaclub. Noch einen Tinto bitte.
Im Liegestuhl in Spanien lässt es sich auch angenehm darüber nachdenken, was Gabriel meint, wenn er Zeit-Interviews gibt: „Ich wehre mich dagegen, den Klimawandel als Privatproblem der Verbraucher zu verniedlichen.“ Aber hallo! Meint er, die Politik muss das machen? Sehr richtig, Herr Minister, meint Ökosex. Was aber, wenn die Politik schnarcht? Wenn zum Beispiel die Kohle im Emissionshandel immer noch bevorteilt wird? Der Neubau von Braunkohlekraftwerken nicht begrenzt oder verboten wird? Die Emissionsrechte immer noch verschenkt werden? Die Blockade der Windenergie in einigen Bundesländern nicht endlich beendet und eine echte Offensive für Effizienz und Erneuerbare eingeleitet wird? Dann muss der Urlauber sich doch Sorgen machen.
Im Liegestuhl lesen wir auch, dass Gabriel gezielt gegen Ökosex argumentiert. Wer glaube, man könne Klimaschutz ohne neue Kohlekraftwerke ermöglichen, der spiele der Laufzeitverlängerung und sogar dem Neubau von Atomkraftwerken in die Hände. Das ist genial. Soll heißen: er Gabriel, sei der alleinige Beschützer vor der Atomkraft, vor dem Kohle/Atom-Doppelpack der CDU und Glos.
An dieser Stelle eine kurze, entspannte Ökosex-Pressemitteilung von der katalanischen Ferienterrasse: Der Neubau von Stein- und Braunkohlekraftwerken ist in Deutschland überflüssig. Hallo Greenpeace, BUND, Eurosolar und all die anderen, die alternative Szenarien vorgelegt haben! Auf in den Kampf, Toreros! Die Sonne, wie dieser Frühling zeigt, scheint nicht nur in Spanien bei Tag und Nacht!
MARTIN UNFRIED über ÖKOSEX
Sammeln Sie Strom? kolumne@taz.de Montag: Susanne Lang trifft DIE ANDEREN