: Schluss mit schädlichem Schiffsqualm
Bundesregierung will Schiffsverkehr umweltfreundlicher machen, indem giftiges Schweröl durch Diesel ersetzt wird. Nord- und Ostsee sollen zu „Emissionsschutzgebieten“ werden. Neues Gutachten: Hamburg wird 2025 Europas größer Hafen sein
Der gängige Kraftstoff für Schiffsmotoren, der unter dem Namen „Bunkeröl C“ gehandelt wird, ist ein Rückstandsöl aus der Destillation von Erdöl. Es fällt in Raffinerien bei der Herstellung von Benzin oder Heizöl quasi als Abfall an und kostet mit ca. 350 Dollar je Tonne deutlich weniger als andere Treibstoffe. Schweröl verfügt über eine fast feste Konsistenz und muss zum Verflüssigen zunächst auf 60 Grad erwärmt werden. Bei der Verbrennung entsteht neben schwefel- und stickoxidhaltigen Abgasen auch giftiger Schlamm, der in Häfen entsorgt werden kann, aber oft im Meer verkappt wird. MKR
AUS BREMEN SVEN-MICHAEL VEIT
Die Bundesregierung sagt hochgiftigem Schweröl in Schiffstreibstoffen den Kampf an. Innerhalb der nächsten zehn Jahre solle der Anteil deutlich zurückgedrängt und durch umweltverträglichen Schiffsdiesel ersetzt werden. Das kündigte Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee gestern auf der EU-Meereskonferez in Bremen an. Schweröl belastet die Umwelt besonders durch Schwefel, Grob- und Feinstaub sowie Stickoxide (siehe Kasten).
Noch in diesem Sommer werde die EU die Nord- und Ostsee zu „Emissionsschutzgebieten“ erklären, sagte Tiefensee. Dann würden Grenzwerte für den Schadstoffausstoß erlassen, „die alle paar Jahre verschärft werden sollen“. Ein Verbot von Schweröl als Schiffstreibstoff und zusätzlich eine Stromversorgung der in Häfen liegenden Schiffe von Land würde erhebliche Schadstoffmengen reduzieren.
Um die klimaschädlichen Kohlendioxidemissionen der Schiffe zu senken, sollen sparsamere Schiffsmotoren zum Einsatz kommen. Zudem unterstützt die Bundesregierung nach Angaben von Tiefensee den Vorschlag der EU-Kommission, die Schiffahrt in den Emissionshandel einzubeziehen. Zwar sorge die Schifffahrt nur für zwei Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes, dennoch müsse auch sie „einen Beitrag zum Schutz vor dem Klimawandel leisten“. Im Herbst sollen auf einer internationalen Konferenz in Deutschland „erste verbindliche Schritte“ dafür eingeleitet werden.
An vielen Orten sorgt die Luftverschmutzung durch Schiffe derzeit für Probleme: In Travemünde an der Ostsee, dem größte Fährhafen der EU, ist die Belastung so stark gewachsen, dass dem Städtchen der Verlust des Titels „Ostseeheilbad“ droht. In Hamburg hatte ein Gutachten kürzlich ergeben, dass die hohe Schadstoffbelastung die geplante „HafenCity“ rund um den Kreuzfahrtterminal gefährde. Eine Wohnbebauung sei dort nicht zulässig, und Büros müssten zur Wasserseite geschlossene Fassaden haben.
Und der Schiffsverkehr wird weiter wachsen. Das zeigt ein frisches Gutachten der Consultigfirma Planco zur Entwicklung des Seeverkehrs, das Tiefensee in Bremen präsentierte. Danach werden die bremischen Häfen und Hamburg die am stärksten wachsenden Häfen in Europa sein. Bis 2015 wird sich der Containerumschlag in Hamburg von aktuell neun Millionen Blechkisten (TEU) im Jahr auf mehr als 18 Millionen verdoppeln. Spätestens 2025 wird Hamburg das niederländische Rotterdam als größten Containerhafen des Kontinents abgelöst haben. Bremen und Bremerhaven wachsen zwar langsamer, werden aber bis 2025 europaweit auf den vierten Platz vorrücken. Als Grund nennt das Gutachten die „exorbitanten Wachstumsmärkte“ der osteuropäischen EU-Staaten und Russland, für die Hamburg und Bremen die „natürlichen Atlantikhäfen“ seien. Und deshalb müsse, findet Tiefensee, „die Wirtschaftskraft der Schifffahrt und der deutschen Häfen weiter gestärkt“ werden.