: Und überall lauert Tinguely
Basel ist diesjähriger Partner der Hamburger Museumsnacht. Eine Stadt, von der sich hiesige Kulturpolitiker gern einiges abschauen würden. Denn die Investitionen der großen Unternehmen in Kultur dort sind immens
Warum die Hamburger Basel so mögen? Warum sie interessiert sind, sich die Schweizer Stadt zum Vorbild zu nehmen und eine auf mehrere Jahre angelegte Kooperation anstreben? Die Frage ist nicht schwer zu beantworten – insbesondere, wenn man auf die Kulturszene schaut: Etliche Museen in Basel – etwa die Foundation Beyeler und das Tinguely-Museum – werden nicht vom Staat, sondern von Unternehmen finanziert.
In Basel sind das vorzugsweise Pharmazie-Unternehmen und Banken. Und wenn auch eine gute Zahl öffentlich finanzierter Museen bleibt – unter anderem das Kunstmuseum als älteste öffentliche Kunstsammlung der Welt – ist es doch dies, wovon Hamburger Kulturpolitiker vermutlich träumen: von einer möglichst komplett privat finanzierten Museumslandschaft.
Und wenn man das riesige Kulturinteresse Basler Konzerne betrachtet, ist es fast schon schade, dass sich Basel bei der diesjährigen Hamburger Museumsnacht bloß mit ein paar Ständen und Musikeinlagen vor den Deichtorhallen präsentiert. Denn was Basel an Museen bietet, reicht weit über die Pflicht hinaus: Nicht nur Antiken- und Kunstmuseum sind Teil der dortigen, rund 40 Häuser zählenden Museumslandschaft. Auch im Außenraum bekennt sich die knapp 190.000 Einwohner zählende Stadt zum Experiment – und dazu zählen nicht nur die Brunnen Jean Tinguelys. Architektur aller Epochen ballt sich hier auf wenig Raum. Das beginnt beim sandsteinroten Rathaus aus Gotik und Renaissance und reicht bis zu Bauten des 20. Jahrhunderts, mit denen sich diverse Unternehmen schmücken.
Hamburger Einerlei à la Hafencity findet sich hier allerdings nicht: Mario Botta hat das großzügig geschwungene Halbrund eines Bankgebäudes und das mit dem Park harmonierende Tinguely-Museum entworfen. Von Frank Gehry stammt das weiß verschachtelte Vitra-Museum im nahen Weil am Rhein.
Zugegeben, der Anteil an Bauten des elitären Büros Herzog & de Meuron, das auch die Hamburger Elbphilharmonie entwarf, ist überdurchschnittlich groß und reicht von der Fassade über das Fußballstadion bis zum Stellwerk – ganz so, als hätten sie zu Hause getestet, was sie später anderswo umsetzten. Doch monoton wirkt das Basler Stadtbild nicht. Vielleicht, weil dort eine Experimentierlust herrscht, die Hamburger Kaufleuten abgeht.
Vielleicht gründet sich die Vielfalt aber auch darauf, dass man in Basel nicht nur aufs Äußerlich-Spektakuläre, sondern auch auf das Kreativ-Hintergründige setzt. Das Architekturmuseum zum Beispiel präsentiert noch bis zum 27. Mai eine Schau, die „Unaufgeräumt – Urban reanimations and the minimal intervention“ heißt und vorführt, was auch mit wenig Geld gelingt. Interventionen zwischen Polen und Großbritannien sind dort in einer Mixtur aus Fotos und Guckkästen zu besichtigen. Provisorische Aufbauten und Treppenhäuser, die Verdoppelung der Lagerkapazität durch Verlagerung von Böden, der Einbau temporärer Theaterbühnen – kurz: Eingriffe in Industrie- und Brachbauten, die wenig kosten und sensibel die Struktur vorhandener Gebäude aufnehmen.
Eine interessante Ergänzung zu den Bauten der Stararchitekten draußen vor der Tür – wobei man eine solche Schau nicht zwangläufig damit kontrastieren muss. Sie kann auch als Anregung dienen. Denn gerade in einer aus etlichen Bauepochen zusammengewürfelten Stadt wie Basel ist es wichtig, Silhouette, Material und Struktur von Gebäuden aufeinander abzustimmen. Eine Idee, die auch Hamburg gut zu Gesicht stünde.
PETRA SCHELLEN
Lange Nacht der Museen mit 45 Häusern sowie Bus- und Barkassen-Transfer: Sa, 5. 5., 18 bis 2 Uhr; www.langenacht.museumsdienst-hamburg.de