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Archiv-Artikel

Tengelmann stößt Kaiser’s ab

SUPERMÄRKTE Der Handelskonzern verkauft seine Lebensmittelfilialen an Konkurrent Edeka. Gewerkschaft fürchtet schlechtere Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter

Dem Kartellamt ist die Marktmacht der wenigen Konzerne schon jetzt ein Dorn im Auge

VON RICHARD ROTHER

BERLIN taz | Dass es dieser Supermarkt nicht leicht haben dürfte, lässt sich beim Anstehen ahnen. Im Kaiser’s-Markt am Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg legen an jenem Herbstabend die meisten Kunden, die sich an Schnorrern und breitschultrigen Wachschützern vorbei durch den schmuddeligen Eingang trauten, nur wenige Waren auf das Kassenband: Bier, Wein, Chips, vielleicht ein bisschen Brot und Käse – gerade so viel, wie sich leicht nach Hause oder zum Herumlungern auf der Parkbank tragen lässt. Kleine Umsätze wie am Kiosk. Ein paar Ecken weiter, beim geräumigen Discounter, werden hingegen Einkaufswagen und Kofferräume gefüllt. Für den Kaiser’s-Markt beginnt jetzt eine unsichere Zukunft: Am Dienstag teilte die Besitzerin, die Tengelmann-Gruppe, den Verkauf sämtlicher Filialen an den Konkurrenten Edeka mit.

„Das ist ein trauriger Tag“, sagte Karl-Eriwan Haub, Geschäftsführer und persönlich haftender Gesellschafter der Tengelmann-Gruppe, zu der auch die Baumarktkette Obi und der Textildiscounter KiK gehören. Seit 15 Jahren habe die Gruppe die Verluste von Kaiser’s Tengelmann ausgeglichen. Das gehe nun nicht mehr. Damit ende auch die 121-jährige Geschichte des Familienunternehmens im Lebensmitteleinzelhandel. „Es kommt mir wie eine Beerdigung vor.“

Tengelmann will seine Kette mit 451 Filialen, knapp 16.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 1,8 Milliarden Euro zum 30. Juni 2015 an Edeka geben. Der Verkaufspreis habe keine große Rolle gespielt, so Haub. Wichtiger sei gewesen, die Kette als Ganzes zu veräußern. Interessenten aus dem Ausland habe es nicht gegeben. „Deutschland ist der härteste Markt.“

Das Bundeskartellamt will den Verkauf intensiv prüfen. Die Behörde sei informiert worden, so Kartellamtspräsident Andreas Mundt. „Nach unseren Marktkenntnissen aus früheren Verfahren und nach den Ergebnissen der aktuellen Sektoruntersuchung zur Nachfragemacht des Lebensmitteleinzelhandels ist schon die jetzige Konzentration ein Problem.“ Erst vorigen Monat hatte das Kartellamt in einer Studie zum Lebensmitteleinzelhandel festgestellt, dass Edeka, Rewe, Aldi, Kaufland und die Schwarz-Gruppe mit Lidl rund 85 Prozent des Marktes ausmachten.

Haub zeigte sich zuversichtlich, dass die Behörde den Verkauf akzeptieren werde. Der Verkauf des Kaiser’s-Marktanteils von 0,6 Prozent könne nicht zu grundlegenden Verschiebungen führen. Zudem drohe andernfalls die Schließung. Dann verlagere sich der Umsatz, und die Mitarbeiter verlören ihre Jobs.

Die Gewerkschaft Ver.di forderte einen umfassenden Schutz der Beschäftigten. Edeka habe einen Großteil der Filialen an selbstständige Kaufleute ausgegliedert, sodass Tausende Beschäftigte weder Tarifverträge noch Betriebsräte hätten, sagte Ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. „Dieses Edeka-Muster darf auf keinen Fall auf die Filialen von Kaiser’s/Tengelmann übertragen werden.“

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