Im Bündnis knirscht es

USA Streit mit der Türkei über militärische Ziele

WASHINGTON taz | Der Siegeszug des IS geht weiter, als wäre nichts passiert – zwei Monate, nachdem die US-amerikanischen Bombardements im Irak begonnen haben und zwei Wochen, nachdem sie in Syrien anfingen. In Washington sagt der oberste militärische Verantwortliche, General Martin Dempsey: „Ich fürchte, Kobani fällt“.

Die türkische Regierung pokert mit der Obama-Regierung. Anstatt dass die Türken – wie Washington es gerne hätte – mit Bodentruppen in den Konflikt im Grenzgebiet eingriffen, verlangt Ankara von Washington, sich erst einmal klar zum Sturz von Assad zu bekennen. Derweil beobachten die türkischen Soldaten die Lage in Kobani von ihrer Seite der Grenze aus.

Die Gemengelage zwischen Washington und Ankara gefährdet unmittelbar das Leben der verbleibenden Menschen in Kobani. Zugleich gefährdet der Dissens das fragile Bündnis mit „sunnitischen Ländern“ gegen den IS, dessen wichtigstes Mitglied aus der Sicht Washingtons die Türkei ist. Bislang kommt Außenminister John Kerry, der in den vergangenen Tagen nonstop mit Regierungsmitgliedern in Ankara telefoniert, dort nicht weiter.

Obamas Dilemma

Auch in Washington wird die Kritik an Präsident Obamas Strategie gegen den IS lauter, dabei geht es vor allem um die Luftschläge. Seit Beginn der US-Bombardements haben die USA 260-mal im Irak bombardiert und 100-mal in Syrien. Diese Schläge gehen den KritikerInnen nicht weit genug. Am Dienstag erklärte der – republikanische – Chef des außenpolitischen Komitees im Repräsentantenhaus, Ed Royce, das Zögern der USA hätte die Lage eher verschlimmert: „Dies ist eine weitere Situation, in der IS für uns sichtbar war“, sagte er, „doch anstatt entscheidende Aktionen durchzuführen, haben wir nur eine Handvoll Luftschläge gemacht. Jetzt ist es möglicherweise schon zu spät.“ Obama hat wiederholt gesagt, er wolle keine „Boots on the Ground“ (Bodentruppen) nach Irak oder Syrien schicken. Allerdings nimmt er die MilitärberaterInnen (am Boden), deren Zahl er seit dem Sommer bereits mehrfach aufgestockt hat, davon aus.

Das Pentagon hat erklärt, dass es bis zu 15.000 syrische Rebellen ausbilden will. Die Bombardements der USA in Syrien richten sich vor allem auf „Infrastruktur“, die dem IS nützen könnte. In den vergangenen Tagen haben die USA ein paar Transportvehikel, Panzer und Artilleriestellungen des IS in der Umgebung von Kobani bombardiert. Aber ein Sturz der Assad-Regierung ist nicht das offizielle Ziel der US-amerikanischen Bombardements. DOROTHEA HAHN