: Junge-Reyer glaubt an Märchenprinzen
Stadtentwicklungssenatorin geht davon aus, dass der private Anteil von 80 Millionen Euro für die Schlossfassade aufgebracht werden kann. PDS stiftet mit Kostenrechnung Verwirrung. Bundestagspräsident will „runden Tisch“
Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) hat sich gestern am Rande der Senatssitzung zuversichtlich gezeigt, dass der private Spendenanteil in Höhe von 80 Millionen Euro für die Rekonstruktion der Schlossfassade aufgebracht werden könnte. Sie forderte Wilhelm von Boddien, Initiator der Spendengeldaktion, auf, weiter aktiv die Summe einzuwerben. „Ich erwarte großes bürgerschaftliches Engagement. Von Boddiens Argument, dass die Spendenbereitschaft steigt, weil der Bau näher rückt, hat viel für sich“, sagte sie. Bisher hat von Boddien nach eigenen Angaben rund 14 Millionen Euro gesammelt. Der Bau des Humboldt-Forums samt Schlossfassade, der 2010 beginnen soll, kostet 480 Millionen Euro. Davon finanziert das Land Berlin anteilig 32 Millionen Euro.
Junge-Reyer machte noch einmal deutlich, dass die Gelder für die barocken Fassaden in den von Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) kalkulierten Gesamtkosten von 480 Millionen Euro enthalten seien. Der Berliner Anteil werde sich auch nicht erhöhen, falls von Boddien die anvisierte Spendensumme nicht schafft. Im Gegenteil. „Der Berliner Anteil von 32 Millionen ist gedeckelt, er wird sich nicht erhöhen. Mit jeder Million, die durch private Spenden hinzu kommt, verringert sich die öffentliche Finanzierung – und damit auch der Berliner Anteil“, sagte die Stadtentwicklungssenatorin.
Am Montag hatte eine Presseerklärung der Linkspartei zu den Kosten für das Humboldtforum für Verwirrung gesorgt. Darin hatte Exkultursenator Thomas Flierl davor gewarnt, mit einem möglichen Ausbleiben weiterer Spendengelder könnten sich die Baukosten für Berlin erhöhen. Außerdem monierte Flierl, dass in den Gesamtkosten und dem Berliner Anteil die „Vorfinanzierung der von privater Seite zugesagten Mittel enthalten“ sei. Dies bedeute, dass das Land – bis zur möglichen Erstattung durch die eingeworbenen Von-Boddien-Spenden – sich sozusagen indirekt an der Schlossfassade beteilige. Die PDS lehne das ab, so Flierl. „Mit der Linkspartei wird es dafür keine Finanzierung aus öffentlichen Mitteln geben.“ Bis zur Klärung des genauen Nutzungskonzepts für das Humboldt-Forum – als Museum der Außereuropäischen Kulturen, der wissenschaftlichen Sammlung der Humboldt-Universität und der Zentralen und Landesbibliothek Berlin – behalte sich die Linkspartei ihre Zustimmung zum Berliner Anteil vor.
Dass Flierl diese etwas unklare Rechnung aufmachte, wollte die Sprecherin der Linksfraktion Kati Seefeld gestern nicht kommentieren. Sie wies aber darauf hin, dass die Einwerbung der vollen Spendensumme nicht gesichert sei und man sich angesichts vielleicht fehlender Spendenmittel zu der Fassadenfrage wieder Alternativen überlegen könnte.
In der Tat fehlt es noch an einem genauen Entwurf für das Gesamtprojekt. Bundestagspräsident Norbert Lammert sagte dazu gestern, der Bund plane noch vor der Sommerpause einen „runden Tisch“ zum geplanten Humboldt-Forum. Nach Einigung der Kostenaufteilung zwischen Bundesbauministerium und Berlin sollten die baulichen Details geklärt werden.
Es gebe zwar einen Grundsatzbeschluss des Bundestages zur Gestaltung des Schlossplatzes, aber keinen Architekten-Entwurf oder Baubeschluss, betonte Lammert, der die Bemühungen Tiefensees ausdrücklich begrüßte. Der Eindruck, dass vieles „gewissermaßen schon so gut wie geregelt sei, ist voreilig“. Bei dem doch „etwas komplexeren Sachverhalt“ seien verschiedene Seiten einzubeziehen wie die Parlamente im Bund und im Land Berlin. ROLF LAUTENSCHLÄGER