: Immer auf dem Rücken der Radler
BIKE-RUCKSÄCKE Der Gepäcktransport auf eigenem Buckel erweitert die Möglichkeiten des Radfahrens – vor allem dann, wenn der Gepäckträger fehlt. Die Ausführungen sind auf sehr unterschiedliche Einsätze zugeschnitten
VON PAUL DA CHALET
Genau genommen handelt es sich um einen ziemlich alten Sack. Erfunden von irgendeinem Jäger oder Söldner, der seine Habseligkeiten körpernah transportieren, die Hände aber frei haben wollte zum Schießen oder Trinken. Der Erfinder war kein Radfahrer. Das Fahrrad kam später, erheblich später. Doch als es dann endlich da war, stellte sich heraus, dass der gute alte Rucksack dem Velo fahrenden Menschen hervorragend steht. Und nun scheint er als Daypack, Citybag oder als spezielles Biker-Behältnis eine neue Hochzeit auf Radlers Rücken zu erleben.
Sicher, er hat Konkurrenz bekommen. Zum einen von den Radtaschen, die aufgrund von widerstandsfähigen Materialien und narrensicheren Halterungssystemen ihren Stammplatz am Gepäckträger gefunden haben, einzeln oder paarweise. Zum anderen von den Umhängetaschen, die mittlerweile als wichtiges urbanes Accessoire gilt, auch wenn Modelle ohne Rückenfixiergurt häufig auf Nierenposition geruckelt werden müssen. Und selbst der nach oben völlig und nach unten teilweise offene Fahrradkorb wird immer noch sehr gerne genommen.
„Das Gute ist doch, dass man heute unter verschiedenen Möglichkeiten wählen kann“, sagt Gunnar Fehlau, Fahrradexperte und Autor einschlägiger Fachbücher. Und für was sollte man sich wann entscheiden? Da möchte der Fachmann lieber nicht ins Grundsätzliche gehen, lediglich offenbaren, wie er es selber hält: „Für längere Strecken die Radtaschen am Gepäckträger, für die kürzeren und fürs Einkaufen den Rucksack in Form einer Kuriertasche“. Von Ortlieb wird sie genau unter diesem Namen angeboten, zählt aber gleichwohl zur Rucksack-Familie. Sie hat neben dem Brust- auch noch einen Bauchgurt, sitzt insofern schlenkerfrei in der Region zwischen Hals und Hintern, fasst 30 Liter und lässt sich dank Rollverschluss schnell öffnen und schließen.
30 Liter – und es gibt unter den Rücksäcken, die als fahrradkompatibel angepriesen werden, sogar einige, in die ein paar mehr einfließen könnten. Das sind Kapazitäten, die den meisten Einzel-Hinterradtaschen nicht gegeben sind und nur von wenigen Trumms unter den Trekking- und Wanderrücksäcken übertroffen werden. Insgesamt bieten Outdoor-Spezialisten wie Jack Wolfskin, Ortlieb, Vaude, Deuter, Tatonka, Eastpack oder Fjällräven eine Fülle von recht unterschiedlichen Tages- und Radtouren-Rucksäcken an. Darunter auch einige, die nur für das Allernotwendigste reichen, also eher auf die leichte Schulter zu nehmen sind. Für den städtischen Radverkehr dürften vor allem Allrounder in kleiner bis mittlerer Größe in Frage kommen, geeignet auch für „die Fahrt von und zur Arbeit mit dem Rad“, so der schwedische Hersteller Fjällräven über seine Traditionslinie Kånken. Zu der gehört sowohl ein Mini-Modell (7 Liter) als auch der 20-Liter-Typ, der einen 17-Zoll-Laptop aufnehmen könnte. Wie alle Rucksäcke, die etwas aushalten müssen und Unterschiedliches transportieren sollen, ist ihr Innenleben unterteilt in Haupt- und Nebenfächer. Aber wie schaut so ein Kånken denn aus? Geradlinig, sagen die einen. Eher bieder, meinen andere.
Das sieht bei den Bike-Rucksäcken der neuen Generation etwas anders aus. Sie sind besonders geeignet für Rennrad-, BMX- oder MTB-Fahrer. Für Leute, die sich und ihren Maschinen etwas abverlangen, jedoch Gepäckträger und zumeist auch Lichtanlage als Belastung empfinden. Derartige Rucksäcke sind ausgestattet mit sinnvollen Details wie Reflektoren und/oder der Halterung fürs Blinklicht, haben eine Aufnahme für den Helm, zusätzlichen Hüftgurt und schnell erreichbare Außentaschen für Trinkflaschen, Banane oder Müsliriegel. Etliche sind sogar so konstruiert, dass man problemlos ein „Trinksystem“ integrieren könnte, wie es fast alle Hersteller nennen. Sie meinen einen Wasserbeutel im Inneren mit Pipeline nach draußen. Bei so einem Hightech-Rücksack, der zwischen 10 und 30 Liter fassen und zwischen 40 und 100 Euro kosten kann, sollte es selbstverständlich sein, dass das Tragesystem gepolstert und atmungsaktiv und das Hauptmaterial aus ultraleichtem Polyester- oder Nylongewebe besteht, dass er robust und wasserdicht oder zumindest eine Regenhülle zum Drüberziehen vorhanden ist.
Und ist das alles einigermaßen elegant zusammengefügt, kann das gar den verwöhnten Augen von Gestaltungsexperten gefallen: „Tracer 16“, ein Bike-Rucksack von Vaude, haben sie mit dem diesjährigen Red dot design award ausgezeichnet. Und so wird sich der Tracer demnächst in der Winner-Ausstellung des Essener Red dot design museums präsentieren dürfen. Ein ziemlich alter Sack – aber formschön und überaus funktionstüchtig.