Auch Einzeltäter schon im Vorfeld bestrafen

Innenminister Schäuble (CDU) und Justizministerin Zypries (SPD) tüfteln an neuem Anti-Terror-Strafrecht

Es liegt auf der Hand, dass eine linksradikale Szene von solchen Strafvorschriften betroffen wäre

KARLSRUHE taz ■ Innen- und Justizministerium planen eine Verschärfung der Anti-Terror-Gesetzgebung, um islamistische Einzeltäter und lose terroristische Netzwerke schon im Vorfeld von Taten bestrafen zu können. Das Strafgesetzbuch soll deshalb um zwei neue Paragraphen, 129c und 129d, ergänzt werden. Vermutlich werden sie so formuliert sein, dass auch linksradikale Einzeltäter und lose Netzwerke erfasst werden.

Der klassische Anti-Terror-Paragraph 129a erfasst terroristische Vereinigungen mit fester Mitgliedschaft, die auf Dauer angelegt sind, um Anschläge zu begehen. Die Organisation muss aus mindestens drei Mitgliedern bestehen. Natürlich hatte der Bundestag die RAF vor Augen, als der Paragraf 1976 eingeführt wurde. Sobald jemand Mitglied in der Terrorgruppe wurde, konnte die Strafverfolgung einsetzen, auch wenn noch keine konkrete Straftat begangen wurde. Die Strafbarkeit wurde quasi vorverlagert.

Islamistische Terroristen agieren dagegen in losen Netzwerken, die sich nur für einen Anschlag zusammentun. Die Kofferbomber von Nordrhein-Westfalen waren vermutlich nur zu zweit. Da sie einen konkreten Anschlag versucht hatten, ist die Strafbarkeit hier kein Problem. Anders war es aber bei Ihsan Garnoui, einem Tunesier aus Berlin. Er konnte nur wegen kleinerer Delikte wie unerlaubtem Waffenbesitz verurteilt werden, weil ihm weder eine Gruppenmitgliedschaft noch eine unmittelbare Anschlagsvorbereitung nachgewiesen werden konnte.

Für solche Fälle sollen nun auch bloße Vorfeldhandlungen von Einzelpersonen bestraft werden, berichtet die Welt, etwa das Sammeln von Finanzmitteln für Anschläge, das Beschaffen von Sprengstoff oder die Verbreitung von Bombenanleitungen im Internet. Genaueres ist noch nicht bekannt.

Es liegt aber auf der Hand, dass gerade eine diffuse linksradikale Szene von solchen Strafvorschriften ebenfalls betroffen wäre. Das gestrige Beispiel von Hamburg zeigt, dass die Konstruktion fester terroristischer Vereinigungen dort mitunter relativ willkürlich ist.

Außerdem könnten auch rechtsradikale Netzwerke und potenzielle Einzeltäter künftig schon im Vorfeld konkreter Taten bestraft werden. CHR