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Archiv-Artikel

RAF-DEBATTE: WIE DER FALL CHRISTIAN KLAR INSTRUMENTALISIERT WIRD Im Fundi-und-Realo-Streit

In der Debatte um Christian Klar ist schon so viel Unsinn geredet worden, dass man ein paar peinigend banale Einsichten voranschicken muss. Von Klar geht, so sieht es sogar der Verfassungsschutz, keine Gefahr mehr aus. Ihm sollten deshalb jene Hafterleichterungen zuteil werden, die ihm zustehen. Dass Klar, wie sein Grußwort an eine PDS-Konferenz gezeigt hat, sich einer holzschnittartigen antikapitalistischen Rhetorik bedient, ist nach 25 Jahren Haft nicht überraschend, aber seine Sache. Hafterleichterungen von Gesinnung abhängig zu machen ist ein Akt populistischer Willkür, der dem Rechtsstaat widerspricht. Er fügt sich in die üble Tradition, dass sich der Staat im Kampf gegen die RAF mehr als sonst erlauben darf.

Klars Grußwort scheint auf die politischen Ränder wie ein Katalysator zu wirken, der Ressentiments aufwirbelt, die sonst unter einer dünnen Anstandsdecke verhüllt werden. CSU-Generalsekretär Söder will allen Ernstes, dass Klar wegen dieses Textes „nie mehr frei“-kommt – was zeigt, dass Söders Rechtsverständnis nahe bei dem der RAF liegt: Recht ist, was uns in den Kram passt.

Nicht viel besser sieht es in der Linkspartei aus. Die Fundi-Linke Ulla Jelpke erklärt, dass die Fraktion mit Klar der Ansicht ist, dass „der Kapitalismus bekämpft werden muss“. Welcher Kapitalismus? Der schwedische? Der chinesische? Egal. Es geht nicht um Konkretes. Sondern darum, identitätspolitische Duftmarken zu setzen. So hat Jelpke es geschafft, Klar für den Fundi-Realo-Streit der Linkspartei zu benutzen. Früher hat die RAF die Linke instrumentalisiert; heute geht es andersherum.

Die RAF-Debatte ist intellektuell erbarmungswürdig und moralisch verkommen. Sie wirkt wie der Zeitvertreib einer gelangweilten Gesellschaft, die alte Feindbilder poliert, weil sie nichts Besseres zu tun hat. Die deutsche Rechte will, wie Antje Vollmer zutreffend formulierte, noch ein bisschen „nachsiegen“. Und die Linksfundis rund um das Kampfblatt Junge Welt wollen weiterhin Resolutionen gegen „den Kapitalismus“ verabschieden und dieses überaus öde Geschäft mit dem existenziellen Retro-Pathos von Gewalt und Unbedingtheit aufpeppen. Es wäre besser, zu schweigen.

STEFAN REINECKE