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Archiv-Artikel

Sicherungsverwahrte gründen Verein

RECHTE In der JVA Rosdorf bei Göttingen wollen Sicherungsverwahrte nicht weiter wie Häftlinge behandelt werden. Sie möchten auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden

In der Justizvollzugsanstalt Rosdorf bei Göttingen untergebrachte Sicherungsverwahrte haben sich zu einem Verein zusammengeschlossen. Der „Verein niedersächsischer Sicherungsverwahrter zum Schutz der Grundrechte“ wolle erreichen, dass bestehende Gerichtsurteile zur Besserstellung von Sicherungsverwahrten gegenüber Strafgefangenen durchgesetzt würden, berichtet das Göttinger Tageblatt. Von der JVA gab es dafür zunächst keine Bestätigung.

Ein Sprecher des Vereins sagte der Zeitung zufolge, die Sicherungsverwahrten hätten „ihre in einem Rechtsstaat übliche tat- und schuldangemessene Strafe vollständig abgesessen“. Sie seien daher keine Häftlinge und dürften somit auch nicht wie solche behandelt werden. Das Bundesverfassungsgericht habe unter anderem gefordert, dass sich die Sicherungsverwahrung deutlich von der Strafhaft unterscheiden und auf ein Leben in Freiheit vorbereiten müsse. Das geschehe in Rosdorf nicht.

Das Verfassungsgericht hatte im Mai 2011 die rückwirkend verhängte oder verlängerte Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt und eine Neuregelung verlangt. Es gab dem Gesetzgeber auf, diese bis Juni 2013 zu schaffen.

In Niedersachsen werden Sicherungsverwahrte seitdem in einem 12,5 Millionen teuren Neubau in Rosdorf untergebracht. Statt in kleinen Zellen wie die Strafhäftlinge wohnen sie in 23,5 Quadratmeter großen Apartments mit Sitzecke, Telefon und kleiner Küchenzeile.

Acht Sicherungsverwahrte traten im Oktober 2013 vorübergehend in den Hungerstreik. Sie bemängelten unter anderem, dass sie kein Kaugummi, kein Backpulver und keinen Pfeffer erhielten. Ein weiterer Kritikpunkt betraf die Häufigkeit und Dauer von Besuchen und Ausgängen. Ausgänge würden behindert, Therapieangebote gebe es faktisch nicht, Anhörungen und Eingaben bei Gericht würden teilweise über Monate verschleppt. Ein Sicherungsverwahrter aus Rosdorf war am 2. Oktober bei einem Ausgang während der Feier zur Deutschen Einheit in Hannover entwichen, er wurde eine Woche später wieder gefasst.  (epd)