: Gordon Brown: Mit mir wird alles anders
Der voraussichtlich nächste Premierminister Großbritanniens lobt die Bilanz seines Vorgängers und verspricht zugleich, alles besser zu machen: die Irakpolitik, das Verhältnis des Staates zu den Bürgern. „Die Art, wie wir regieren, muss sich ändern“
LONDON rtr/dpa/afp/taz ■ Der designierte Nachfolger Tony Blairs als britischer Premierminister, Gordon Brown, hat im Fall seines Amtsantritts einen Kurswechsel in der Innen- und Außenpolitik angekündigt und dabei auch eine neue Strategie im Irak in Aussicht gestellt. Der bisherige Finanzminister bewarb sich gestern offiziell innerhalb der Labour-Partei für die Nachfolge Blairs als Parteichef, was automatisch den Premierministerposten bedeutet. „In der Politik geht es nicht um Prominenz“, sagte Brown in einer offensichtlichen Anspielung auf Blair. „Ich habe nie geglaubt, dass die Art des Auftretens Inhalte ersetzen kann.“
Brown sprach von „Fehlern“ im Irak und kündigte an, noch vor seiner Wahl zum Nachfolger Blairs durch die Labour-Partei eine Reise in die Region unternehmen zu wollen. „Ich akzeptiere, dass wir Fehler gemacht haben“, sagte Brown. Jedoch müsse und werde London seine „Verpflichtungen gegenüber dem irakischen Volk erfüllen“. Großbritannien hat derzeit rund 7.200 Soldaten im Irak. 148 Briten wurden seit Beginn der Invasion im März 2003 getötet.
Brown sagte, stärker als bisher solle im Irak der wirtschaftliche Aufbau unterstützt werden. Zugleich sagte Brown, er werde den Kampf gegen den internationalen Terrorismus stärker als Offensive gegen extremistische Ideologien führen. „Die Menschen in Großbritannien wollen eine starke Verteidigung und Sicherheit, aber nicht allein eine militärische.“ Es gehe darum, „die Herzen und Hirne“ der Menschen zu gewinnen, die von Extremisten bedrängt werden.
Brown versprach, die Kontrolle über die britische Politik wieder den Bürgern zurückzugeben. „Ich will zuhören, und ich will lernen“, sagte er. „Ich will einer Regierung vorstehen, die demütig genug ist, um ihre Pflichten zu kennen.“ Seine Regierung werde dienen und nicht Entscheidungen von oben mitteilen. „Dies ist die progressive Haltung des 21. Jahrhunderts: Kontrolle durch den Bürger. Von der Regierung nicht belehrt, sondern bedient werden.“ Er habe „neue Ideen und Visionen“, das Land zu führen. Mit ihm als Premier werde Großbritannien eine transparente Regierung bekommen. „Weil die Welt sich verändert, müssen sich unsere Prioritäten ändern. Und auch die Art, wie wir regieren, muss sich ändern.“
Blair habe Großbritannien „zehn Jahre lang ehrenvoll, mutig, passioniert und kenntnisreich geführt“, lobte Brown. Aber: „Heute gibt es neue Prioritäten, und ich biete eine neue Führerschaft für diese neue Zeit.“ Blair sicherte Brown im Gegenzug ausdrücklich seine „volle Unterstützung“ zu. Er habe alles, was jemand brauche, „um die Labour-Partei und das Land ehrenvoll zu führen“.
Brown lud andere Politiker seiner Partei ein, sich ebenfalls für die Blair-Nachfolge zu bewerben. Zuvor hatten alle einigermaßen aussichtsreichen Anwärter auf eine Kandidatur verzichtet. Browns Wahl zum Labour-Vorsitzenden am 24. Juni und seine anschließende Ernennung zum Premierminister gilt daher als sicher. Es wird jedoch einen Wettbewerb um den Posten des stellvertretenden Parteichefs geben, der Aufschluss über die relative Stärke der verschiedenen Parteiflügel geben dürfte.
Der 56-jährige Brown und der zwei Jahre jüngere Blair wurden beide 1983 erstmals ins Londoner Unterhaus gewählt und machten eine steile Karriere. Dass Blair und nicht Brown 1994 Labour-Parteichef wurde, hat Brown nie wirklich verwunden, und er hat seit dem ersten Labour-Wahlsieg 1997 darauf gewartet, dass Blair ihm irgendwann die Macht übergibt.