: ein latin-musiker in istanbul (nicht konstantinopel): ayhan sicimoglu
Liegt Istanbul in der Karibik? Ist die Türkei ein südamerikanisches Land? Der türkische Perkussionist Ayhan Sicimoglu legt solche Mutmaßungen nahe. Nach Stationen in London, Rom und New York kehrte der so umtriebige wie vielseitige Schlagwerker in sein Geburtsland Türkei zurück, wo er sich mit dem in Istanbul ansässigen kolumbianischen Rapper und Perkussionisten Rodrigo Rodriguez zusammentat und die „Istanbul Latin All Stars“ begründete. Darüber hinaus machte er sich mit regelmäßigen Latin-Sendungen als Radio-DJ im Äther von Istanbul einen Namen. Auf seinem ersten Solo-Album „Friends and Family“ (Double Moon/Rough Trade) hat der Weltenbummler nicht nur vieler jener Mitstreiter um sich geschart, die ihn in der Vergangenheit auf seinem Weg begleitet haben, sondern auch echte Familienangehörige im engeren Sinne: Seine Tochter Ayse ist gleich auf drei Stücken als Sängerin zu hören und macht dabei eine überaus souveräne Figur – der Vorwurf reiner Vetternwirtschaft geht also fehl. Mit großem Aufgebot streift Sicimoglu durch seine Schaffenszweige: Auf „Friends & Family“ finden sich lupenreine Salsa-Klassiker („Historia de un Amor“), schmalzige Bigband-Balladen und jazzige Salsa-Variationen, aber auch so mancher gekonnter Brückenschlag zwischen südamerikanischer und türkischer Musik wie etwa das orientalisch-swingende „Güle Güle“ oder „Reggaeturkaton“, ein Bastard aus karibischem Dancehall-Rhythmus und türkischer Volkstanz-Melodie. Glanzpunkt des Albums ist aber seine Interpretation des Tin-Pan-Alley-Stücks und They-Might-be-Giants-Hits „Istanbul (not Constantinople)“: Seine nostalgisch anmutende Swing-Version übertrifft alle Vorgänger um Längen.