: Hoffen auf den neuen Senat
TEILHABE Am Rande der Koalitionsverhandlungen demonstrieren Asylbewerber. Sie wollen arbeiten, lernen und in Wohnungen leben dürfen
Im Januar beschloss die Bürgerschaft, dass Bremen in Notfällen Kontingentflüchtlinge der UN aufnehmen soll. Seit Monaten hängen nun Tausende Libyen-Flüchtlinge in der Wüste fest, weil die EU-Staaten bislang alle Bitten der UN um eine Aufnahme dieser Menschen ablehnen. Auf der Innenministerkonferenz in zwei Wochen könnte Deutschland beschließen, einem Teil der Libyen-Flüchtlinge Zuflucht zu gewähren. Initiativen fordern Innensenator Mäurer auf, sich gemäß des Bürgerschaftsbeschlusses hierfür einzusetzen.
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Von Lisa Städtler
Drinnen begann die zweite Runde der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen, draußen wurde am Dienstagmorgen in der Wachtstraße demonstriert. BewohnerInnen von Bremer Flüchtlingsheimen und antirassistische Initiativen mahnten mit Banner und Plakaten, an Passanten verteilten sie Flugblätter. Sie verlangen, dass der neue Senat die Rechte von Flüchtlingen verbessert.
„In den Asylbewerberheimen herrschen schlimme Zustände“, sagte eine junge Afghanin. „Wir haben keine Privatsphäre, meist muss sich eine ganze Familie einen Raum teilen.“ Wenn die Kinder beispielsweise fernsehen, die Eltern aber lieber schlafen wollen, gäbe es Streit. Oft müssen die Flüchtlinge jahrelang unter diesen Bedingungen leben. Erst kürzlich hatte die Sozialdeputation die vorgeschriebene Mindestverweildauer in den Heimen von drei Jahren auf eines verkürzt. Den Aktivisten ist das nicht genug. Sie fordern eigene Wohnungen für Flüchtlinge, so wie in Städten wie Leverkusen oder Berlin. „Das Recht auf eine Wohnung ist ein existenzielles Gut“, sagt Olaf Bernau von der Initiative NoLager.
Hinzu kommen die Probleme bei der Ausbildung: „Die Jugendlichen in den Heimen dürfen keine Ausbildung beginnen oder studieren. Das frustriert sie sehr“, sagt die afghanische Asylbewerberin. Von Rot-Grün erwartet sie, dass in Bremen Asylbewerber und Geduldete künftig eine Arbeit aufnehmen dürfen. Bislang ist das nur in Ausnahmefällen möglich. Stattdessen bekommen sie oft viele Jahre Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Das sieht vor, dass Flüchtlinge etwa ein Drittel weniger bekommen, als Hartz- IV-Empfänger – trotz des Arbeitsverbots, dem sie unterliegen.
Das Land Bremen soll seine „Ermessensspielräume nutzen“, heißt es auf dem Flugblatt, dass die Aktivisten verteilten – etwa durch Sprachkurse oder den Abbau des Arbeits- und Studierverbots. Flüchtlingskinder müssten eine Chance bekommen, einen Beruf zu erlernen. Die „Residenzpflicht“ gehöre abgeschafft.
Bei den Grünen stoßen solche Forderungen auf Zustimmung. Ihrem Wahlprogramm nach, setzt sich auch die Partei etwa für ein Ende der Kettenduldungen ein. „Die bisherige Flüchtlingspolitik war kontraproduktiv“, sagt die grüne Migrationspolitikerin Zahra Mohammadzadeh. Flüchtlinge müssten Zugang zu Integrationskursen, Bildung und eigenen Wohnungen haben. Bei dem Thema werde man „keine Kompromisse zulassen“.