: Beschnittene Bürgerrechte
betr.: taz-Berichterstattung zum G8-Gipfel in Heiligendamm
Ohne Abstimmung im Bundestag wird die angebliche „Parlamentsarmee“ in ein weiteres Land zu einem Kampfeinsatz entsandt: Mecklenburg-Vorpommern. Der verfassungswidrige Einsatz im Innern anlässlich des G8-Gipfels kostet die Steuerzahler zehn Millionen Euro – zusätzlich zu einem gewaltigen Rüstungsetat. Und er kostet Freiheitsrechte der Bürger. Die Gewerkschaften, einst führend im Kampf gegen die Notstandsgesetze und die Bundeswehreinsätze im Innern, sie schweigen – oder beteiligen sich wie die Polizeigewerkschaft führend an der Hysterie gegen Demonstranten.
In Bundeswehrblättern wie „Information für die Truppe“ wird seit Jahren auf den Inlandseinsatz gegen den Terror und das heißt „Chaosgruppen wie z.B. die Gruppe der Globalisierungsgegner“ (IfdT 3/2002) eingestimmt. Per Reservistengesetz vom Februar 2005 wurden noch unter Rot-Grün über eine Million ehemalige Soldaten zusätzlich für die „Zivil-Militärische Zusammenarbeit ZMZ Inneres“, d.h. für den Einsatz im Innern, bereitgestellt. Man hatte einfach das Reservistenalter von 45 Jahren auf 60 aufgestockt. Nach welchen Maßstäben die Bundeswehr ihre Einsätze gegen die Bevölkerung des besetzten Landes ausrichtet, wird in dem Buch „Geheime Krieger“ des rechtsextremen Generals a.D. und ehemaligen KSK-Kommandeurs Reinhard Günzel ausgeplaudert: Nach denen der Wehrmachts-Antiterroreinheit Division Brandenburg. Die „Brandenburger“ waren u.a. im Juni 1941 in Lwow/Lemberg dabei, als 7000 Juden in wenigen Stunden von deutschen und ukrainischen Wehrmachtsangehörigen ermordet wurden.
Die Militarisierung des Landes erreicht mit dem neuen Reservistenkonzept „Zivilmilitärische Zusammenarbeit Inneres“ und seine Anwendung beim G8-Gipfel einen neuen Stand. Eine neue extrem rechte Organisation entsteht – zusätzlich zum Wirken alter und neuer Rechtsextremer in der Bundeswehr. Zur Instrumentalisierung der Bundeswehr zum Einsatz im Innern kommt die ideologische extrem rechte Beeinflussung der Bevölkerung: In rund 5 Millionen Familien gibt es Reservisten, zu denen die Bundeswehr laufend Kontakt hält. Die militaristischen Traditionsverbände und die Reservistenverbände erhalten immer mehr Macht – und Geld der Steuerzahler.
Und unsere Grundrechte werden immer mehr beschnitten. Wir leben eben in einer Zeit ständiger Kriegsvorbereitung und -führung. Das erfordert ständige militaristische Berieselung der Köpfe – und immer mehr autoritäre Machtausübung der Regierenden. Daran haben die Demokraten zu denken, die dem rechten Militärtreiben noch immer untätig zusehen. ULRICH SANDER, Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA), Dortmund