Aus der Skandalzone führen

BURGTHEATER WIEN International bedeutsam bleiben, weniger Geld ausgeben: Das ist die Aufgabe, die an die neue Leitung des Theaters gestellt wird. Karin Bergmann, Interimsdirektorin, behält den Posten

Zur Eigenschaft von Zeremonien gehört, dass sie selten Überraschungen hervorbringen. Die Pressekonferenz, die der österreichische Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) gestern Vormittag im repräsentativen Pausenfoyer des Wiener Burgtheaters gab, diente auch zuletzt dem Informationsbedürfnis.

Über den Inhalt der bevorstehenden Mitteilung herrschte spätestens seit der vergangenen Woche in Wien Gewissheit, geleakt wurde die Nachricht schon am Vorabend auf allen gängigen Plattformen: Die interimistische Direktorin des Burgtheaters, Karin Bergmann, ist bis 2019 die planmäßige Direktorin und nach dem überwiegenden Votum der Wiener Theaterbeobachter auch die richtige Leiterin für das von Skandalen gebeutelten Haus.

Karin Bergmann galt nicht zuletzt auch als Kandidatin des Ensembles, das sie den Unwägbarkeiten externer künstlerischer Gestaltungskräfte eindeutig vorzog. Es gilt in Wien als Akt kulturpolitischer Klugheit, sich über das Ensemblevotum an der Burg nicht ohne Not hinwegzusetzen. Unter dem Intendanten Claus Peymann kam Bergmann, dessen Direktionsassistentin sie schon zuvor in Bochum war, 1986 als Pressesprecherin an die Burg, ab 1999 arbeitete sie mit Klaus Bachler als Vizedirektorin zusammen, mit dessen Nachfolger und ihrem Vorgänger, dem zwischenzeitlich fristlos gekündigten Matthias Hartmann, hatte sie sich schnell überworfen. Das ist jetzt zweifellos eine unverhoffte Zusatzqualifikation in den Augen der politisch Verantwortlichen.

Widersprüchliche Aufgabe

Der Kulturminister Josef Ostermayer setzt vor allen auf eine betriebsinterne Konsolidierung. Was er der alten und neu bestätigten Direktorin zumutet, ist eine höchst widersprüchliche Aufgabe. Sie soll Kosten sparen und zugleich die künstlerische Bedeutung des Hauses bewahren. Es bleibt zu hoffen, dass der Sparzwang die künstlerischen Spielräume, die das Burgtheater immer noch hat, nicht aufzehrt. Der Bedarf an einem weiteren deutschen Stadttheater ist jedenfalls überschaubar.

Alle Versuche, die Misere der Burg an Personen und Skandalen festzumachen, täuschen nicht darüber hinweg, dass das Haus tief in einer Strukturkrise steckt, die ihre Ursache darin hat, dass auch in Wien Kulturpolitiker die Grundrechenarten verweigern. Man hat jahrelang die Budgets gedeckelt, aber weiter auf den internationalen „Stellenwert“ des Hauses gepocht. In diesem Zwiespalt ist das ökonomische Voodoo am Burgtheater erst entstanden, das heute vor dem Kadi steht.

Ostermayer formulierte gestern die Anpassung der Theaterfinanzen an steigende Personalkosten als persönlichen „Wunsch“. An Taten wird man ihn messen. UWE MATTHEISS