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Archiv-Artikel

Besetzer unter Druck

Bielefelder Gemeinde setzt Wachdienst gegen Kirchenbesetzer ein. Superintendentin überrascht

BIELEFELD taz ■ Der Streit um die besetzte Paul-Gerhardt-Kirche in Bielefeld spitzt sich zu. Nach Angaben der Besetzer hat die örtliche Kirchenleitung gestern Morgen die Schlösser ausgetauscht und einen Wachdienst eingeschaltet. „Wir sind eingeschlossen worden“, sagte Besetzer Hermann Geller der taz. „Der Wachdienst lässt niemanden mehr ins Gebäude.“

Die Paul-Gerhardt-Kirche wird seit dem 25. März von einigen Gemeindemitglieder besetzt gehalten, die einen Verkauf ihres Gotteshauses verhindern wollen. Ihr Angebot, den Unterhalt für das Gebäude zu übernehmen, hat die Evangelische Kirche jedoch abgelehnt. Als Käuferin im Gespräch ist die Jüdische Gemeinde, die die Kirche in eine Synagoge umwandeln will. Ein Vertragsabschluss steht nach Angaben der Kirchenleitung kurz bevor.

Bielefelds Superintendentin Regine Burg distanzierte sich gestern vorsichtig vom Austausch der Schlösser. „Ich setze weiterhin auf den Weg des Verhandelns“, betonte sie. Sie sei von der Aktion selbst „überrascht“ worden, gab sie an. Das ganze sei vom örtlichen Kirchenmeister „auf eigene Kappe initiiert“ worden. „Das ist eine verständliche Reaktion der Basis vor Ort, die in den letzten Wochen durch die Besetzung des Paul-Gerhardt-Zentrums hohe Belastungen ertragen musste“, so die Superintendentin. Die Besetzer seien aber nicht eingeschlossen und könnten das Gebäude verlassen.

Hermann Geller denkt jedoch nicht ans Aufgeben. „Wir wollen bleiben“, betonte er. Derzeit seien sechs Menschen in der Kirche. Ausgehungert werden die Besetzer aber offenbar nicht: Lebensmittel seien durchgelassen worden, berichtete Geller. Er hofft weiter auf eine Einigung. „Der Schaden für die Landeskirche wird immer größer“, warnte er.

DIRK ECKERT