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Archiv-Artikel

Brasilien liefert Battisti nicht aus, sondern lässt ihn frei

JUSTIZ Brasiliens Oberstes Gericht weist Klage Italiens ab. Rom will weiter klagen

AUS BUENOS AIRES JÜRGEN VOGT

Cesare Battisti ist frei. Nachdem das oberste Gericht in Brasilien die Auslieferung des früheren Linksextremisten an Italien endgültig abgelehnt hatte, wurde der 56-Jährige umgehend auf freien Fuß gesetzt. Die Regierung in Rom versucht seit Jahren, den in Italien wegen mehrfachen Mordes zu lebenslanger Haft Verurteilten überstellt zu bekommen.

Noch im November 2009 hatten sich die obersten Richter für eine Auslieferung ausgesprochen. Die endgültige Entscheidung überließen sie aber dem damaligen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. Der schob dies bis zum letzten Tag seiner Präsidentschaft auf. Am 31. Dezember 2010 verweigerte er schließlich die Überstellung nach Italien. Es sei nicht auszuschließen, dass sich die Lage Battistis in Italien wegen seiner Vergangenheit als politischer Aktivist verschärfe. Am Mittwoch bestätigte das oberste Gericht Lulas Entscheidung in letzter Instanz.

Battisti ist für manche ein Held des bewaffneten revolutionären Kampfs, für andere ein brutaler Mörder. Als Mitglied der linksextremen Splittergruppe „Bewaffnete Proletarier für den Kommunismus“ soll er Ende der 70er Jahre in Italien zwei Morde begangen haben und an zwei weiteren beteiligt gewesen sein. Er beteuerte seine Unschuld und dass er dem bewaffneten Kampf zuvor abgeschworen habe.

Nach einer ersten Verurteilung 1981 floh er nach Frankreich, später nach Nicaragua und Mexiko. 1990 kam er erneut nach Paris, wo er im Rahmen der Mitterrand-Doktrin geduldet wurde. Er machte Karriere als Übersetzer und Krimiautor, wurde jedoch zwischenzeitlich in Italien zu lebenslanger Haft verurteilt. Unter Jacques Chirac drohte ihm 2004 die Auslieferung, der er sich durch Flucht entzog. Im März 2007 wurde er in Rio de Janeiro aufgrund eines französischen Haftbefehls festgenommen. Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi reagierte „mit größtem Bedauern“ auf die Entscheidung. Außenminister Franco Frattini kündigte bereits den Gang zum Internationalen Gerichtshof in Den Haag an.