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Archiv-Artikel

Verkehrsmittel mit großem Potenzial

ZWISCHENSTAND Schwarz-Grün hat das Fahrradfahren mit neuen Radwegen und dem Leihsystem Stadtrad ein wenig attraktiver gemacht. Dem ADFC geht der Fortschritt dennoch zu langsam

„Dass die Stadträder unterwegs sind, ist die beste Werbung fürs Fahrrad“

Merja Spott, ADFC

VON GERNOT KNÖDLER

Der Umbau Radwege am Sievekingplatz und am Johannes-Brahms-Platz war im Ergebnis eine Überraschung: plötzlich diese Übersicht! Radwege mit glattem Pflaster, breit genug, um ein Überholen zu ermöglichen, mit deutlich erkennbaren Einmündungen und ohne absurde Kurven. Der radfahrerfreundliche Umbau der Kreuzungen macht augenfällig, dass ein neuer Geist in die Stadtentwicklungsbehörde eingekehrt sein muss.

Tatsächlich hat die Stadtentwicklungsbehörde 2007 unter dem damaligen Senator Axel Gedaschko (CDU) eine Radverkehrsstrategie vorgelegt. „Eine radverkehrsfreundliche Verkehrsumwelt ist ein Beitrag zu einer besseren Lebensqualität“, hieß es darin. Angekündigt wurde ein Qualitätssprung bis 2015, gestützt auf eine bessere Finanzierung.

Allmählich scheint dieses Konzept Früchte zu tragen. Wie die Behörde in ihrem Fortschrittsbericht 2010 darlegt, hat sie 280 Kilometer Velorouten neu ausgeschildert und auf 200 Kilometern Straße geprüft, ob dort Radfahrstreifen einzurichten wären. Überall, wo gebaut wird, lässt sie die alten Pflastersteine mit den abgeschrägten Kanten durch Steine mit rechtwinkligen Kanten ersetzen, so dass die Räder widerstandslos rollen. Es gibt viele zusätzliche Fahrradbügel und Stationen, wo das Fahrrad sicher untergestellt werden kann.

Die Radverkehrsstrategie formuliert das Ziel, den Anteil des Fahrradverkehrs an allen Fahrten von neun Prozent 2002 auf 18 Prozent 2015 zu erhöhen. 2008 war Hamburg bei 12,5 Prozent angekommen. „Es tut sich so langsam was“, bestätigt Merja Spott vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC).

Für den größten Erfolg hält Spott das „Stadtrad“, das in der Amtszeit der grünen Senatorin Anja Hajduk eingeführt wurde. Schon bis November 2010, im ersten knappen halben Jahr, hatten sich 75.000 Kunden für die Benutzung der Räder registriert. „Das ist das erfolgreichste Fahrradleihsystem in Deutschland“, lobt Spott. Ein niedrigschwelliges Carsharing-Anbebot kam kürzlich dazu. „Dass die Stadträder unterwegs sind, ist die beste Werbung fürs Fahrrad“, findet Spott, vor allem weil deren Benutzer – junge, urbane Menschen – das Image des Radelns verbesserten.

Die ADFC-Referentin lobt auch die neue Art zu planen, etwa in der Bramfelder Chaussee, wo unsinnige Kurven beseitigt wurden oder am Hofweg, der einen langen Schutzstreifen für Radler erhalten habe. Im Gegensatz zu Radfahrstreifen dürfen per unterbrochener Linie abgetrennte Schutzstreifen von Autos befahren werden. Sie machen den Raum für Radler deutlich und verhindern Rechtsabbiegeunfälle, weil Radler dort nicht hinter parkenden Autos verschwinden.

Schwarz-Grün habe die Schutz- und Radfahrstreifen ausbauen wollen, sagt Spott. Wegen des Regierungswechsels liege das jetzt auf Eis, wie viele andere Projekte, etwa die Abschaffung der Bettelampeln oder die Benutzungspflicht für Radwege. Insgesamt vollziehe sich der Fortschritt zu langsam und werde mit viel zu wenig Engagement vorangetrieben. Dabei ist sie sich sicher: „Beim Fahrrad kann man mit wenigen Mitteln viel bewirken.“