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Archiv-Artikel

Streit um Energienetze: Dresche für Nußbaum

ABGEORDNETENHAUS Linksfraktion wirft Finanzsenator Unfähigkeit bei Vergabe der Konzessionen vor

Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) hat am Donnerstag im Abgeordnetenhaus heftige Vorwürfe für sein Vorgehen bei den Strom- und Gasnetzen einstecken müssen. Linksparteichef Klaus Lederer warf seiner Verwaltung „totale Unfähigkeit“ bei der Vergabe der Energiekonzessionen vor. Die von Nußbaum jüngst erneut thematisierte mögliche Befangenheit seines Senatskollegen Thomas Heilmann (CDU) sei nur eine Nebelkerze, die eigenes Versäumen verdecken sollte. Auch die CDU übte Kritik. Rückendeckung bekam Nußbaum nur von der SPD.

Der Senat hatte am Dienstag das Verfahren zur Vergabe der Stromkonzession gestoppt, um die Kriterien nachbessern zu können. Laut Nußbaum geschieht das auf Wunsch der verbliebenen zwei Bewerber. Lederer, die Grünen, aber auch der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Heiko Melzer, sahen das anders: Für sie hat Nußbaum Urteile unter anderem des Bundesgerichtshofs ignoriert. Die hätten aus ihrer Sicht schon vor Monaten in den Vergabeprozess einfließen müssen. Melzer hielt Nußbaums Finanzverwaltung vor, man hätte sich diese Urteile schon direkt anschauen sollen.

Weil diese Rechtsprechung auch bei der Vergabe der Konzession für das Gasnetz im Juni keine Beachtung gefunden habe, ist für Lederer auch dieses Verfahren angreifbar. Dort klagt bereits der unterlegene Bewerber und bisherige Netzbetreiber Gasag gegen die Vergabeentscheidung zugunsten des landeseigenen Unternehmens Berlin Energie.

Finanzsenator Nußbaum wies die Vorwürfe zurück: Eine „Frechheit“ nannte er es, von einem vorsätzlich rechtswidrigen Verfahren zu sprechen.

Für Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop schwanken die Vorgänge im rot-schwarzen Senat bei den Energienetzen „zwischen Seifenoper und Realsatire“. Sie hielt den angeblichen Friedensschluss zwischen den Senatoren Nußbaum und Heilmann vom vergangenen Dienstag für wenig belastbar – „das war keine Einigung, das war höchstens ein Waffenstillstand“.

In einem Antrag, den nun der Wirtschaftsausschuss behandeln soll, verlangen die Grünen Klarheit über die Vergabekriterien und zudem ein Finanzierungskonzept für die Übernahme der Netze. Für Pop war klar: „Transparenz hätte dazu geführt, dass dieses Chaos erst gar nicht entstanden wäre.“ STEFAN ALBERTI