: „Wir haben absolut keine Zeit zu verlieren“
Sarkozy drückt bei der EU-Verfassung aufs Tempo und findet dabei selbst bei den Grünen Zustimmung
BERLIN taz ■ Eine herzliche Umarmung für Angela Merkel, ein kurzes Pressestatement und dann ran an die Arbeit – der Antrittsbesuch des neuen französischen Präsidenten in Berlin, nur wenige Stunden nach seiner Amtsübernahme, startete schwungvoll. „Wir haben absolut keine Zeit zu verlieren“, erklärte Nicolas Sarkozy dann auch gleich mehrfach: „Europa wartet darauf, dass wir die Initiative ergreifen“ – sonst werde alles immer noch komplizierter.
Sarkozy möchte die deutsche EU-Präsidentschaft unterstützen, aber er möchte natürlich auch die Richtung mitbestimmen. Schon kurz nach seiner Wahl traf er sich daher mit dem britischen Premier Blair in Paris, unter anderem um über Europa zu sprechen.
In Deutschland werden große Hoffnungen auf Sarkozy gesetzt – nicht nur in Kreisen der Bundesregierung. Sarkozy hat sich für eine verkürzte EU-Verfassung ausgesprochen. Eine Variante, die die Grünen unterstützen: „Mit Sarkozy kann eine Lösung möglich sein“, äußerte sich der Vize-Fraktionschef der Grünen, Jürgen Trittin, gegenüber der taz. Sarkozy habe sich in Sachen Europapolitik „hochgearbeitet“. Auch Michael Stübgen, europapolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, glaubt an den französischen Präsidenten: „Er wird sein erstes politisches Projekt nicht in den Sand setzen wollen.“ Er und Merkel werden gut zusammenarbeiten, sie hätten die gleiche pragmatische Herangehensweise.
Kopfzerbrechen bereiten den Europäern derzeit eher Briten, Tschechen und Polen: So hatte London diese Woche verkündet, die Grundrechtecharta nicht nur aus der Verfassung streichen zu wollen, sondern einen rechtsverbindlichen Verweis auf die Grundrechte ebenfalls abzulehnen. Die deutsche Ratspräsidentschaft, so war aus Brüsseler Kreisen zu erfahren, denkt nun darüber nach, den Briten in einigen Bereichen ein Opt-out anzubieten. Also die Möglichkeit, an bestimmten Politikbereichen nicht teilnehmen zu müssen. Genannt wurden die Bereiche polizeiliche Zusammenarbeit und Strafrecht.
Tschechen und Polen wiederum wollen die Stimmengewichtung im Rat neu verhandeln. Der tschechische Unterhändler Jan Zahradil sagte nach einem Treffen der so genannten Sherpas für die Verfassung in Berlin zur taz: „Wir werden keine kosmetischen Änderungen akzeptieren.“
In Deutschland sieht man es dennoch eher gelassen: „Im Moment hält jeder seine Verhandlungsposition zusammen – das ist normal“, glaubt der CDU-Politiker Stübgen. Doch schon Mitte Juni möchte Angela Merkel auf dem nächsten EU-Gipfel in Brüssel Eckpunkte für einen neuen Grundlagenvertrag vorstellen. Im Sommer bereits will Sarkozy das Parlament über diesen Vertrag abstimmen lassen. Grund genug für die beiden zur Eile. NICOLE MESSMER