„Völlig irre und abwegig“

DEUTSCHLAND Breite und einmütige Ablehnung

BERLIN taz | „Geht’s noch?“, fragt die stellvertretende DGB-Chefin Elke Hannack spontan, und so wie die Gewerkschafterin denken viele in Deutschland: „Familienpolitik sieht für uns anders aus.“ Firmen sollten ihren Mitarbeiterinnen nicht „vorgaukeln, die Entscheidung für ein Kind könne auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden“.

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände erklärt, dass die Unternehmen das Einfrieren von Eizellen nicht finanziell unterstützen wollen: „Die deutschen Arbeitgeber mischen sich nicht in die Familienplanung von Arbeitnehmern ein.“

In der Politik überwiegt ebenfalls Ablehnung: Sönke Rix, frauenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sieht einen Rückschritt: „Damit entlässt man die Männer aus der Verantwortung für die Familienplanung. Der Ausbau der Kinderbetreuung und das Einbeziehen der Männer in die Familienarbeit, das ist der Weg, den wir nehmen wollen.“

Sein Kollege von der Union, Marcus Weinberg, nennt das Angebot der Firmen „unmoralisch, gesellschaftspolitisch ein fatales Zeichen und familienpolitisch untragbar“. Das Einfrieren sei nur eine „vermeintliche Lösung des Vereinbarkeitsproblems“, „für die betroffenen Frauen wird es leider häufig darauf hinauslaufen, dass aufgeschoben aufgehoben heißt“.

Auch aus der Opposition kommt ein klares Nein: „Ich finde das völlig irre und abwegig“, sagt Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion. „Den bei Apple und Facebook beschäftigten Frauen empfehle ich, das Kleingedruckte zu lesen. Unternehmen, die solche Vorschläge unterbreiten, anstatt in eine gute Vereinbarkeit zu investieren, wollen vielleicht die Eigentumsrechte am Kind gleich mit erwerben.“ Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulle Schauws, sagt: „Die Kinderwunschfrage von Frauen mit der ökonomischen Optimierung von Unternehmen zusammenzubringen, ist sehr schräg.“ Die Methode sei zudem noch lange nicht ausgereift. Nur im Einzelfall könne sie mehr Handlungsfreiheit für Frauen bedeuten. Schauws: „Das kann nicht die Antwort auf die offensichtliche Problemlage bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sein.“

HEIDE OESTREICH