: Oberammergau des Nordens
SOMMERSPIELE Piraten in der Börde: Zum 16. Mal verwandeln die Heersumer Sommerspiele bei Hildesheim ein ganzes Dorf in eine Landschaftstheater-Bühne
Die riesigen Holzmasten für das später drum herum gebaute Piratenschiff standen schon an der Eisenbahntrasse bereit. Und auch das Gebäude der Hafenbehörde für Boat People mussten Uli Jäckle und seine MitstreiterInnen für die diesjährigen Heersumer Sommerspiele nicht eigens bauen, sondern finden: hier war einst das örtliche Flüchtlingsheim.
1993 hat das Heersumer „Forum für Kunst und Kultur“ mit „Rache für Rosa – ein Theaterstück in 3 Akten und 2 Scheunen“ zum ersten Mal das kleine Dorf in der Hildesheimer Börde in ein riesiges Landschaftstheater verwandelt. Aus Feldscheunen und Feuerwehrteichen werden für einen Sommer Kunstorte, aus Sparkassenangestellen und Lehrerinnen Kostümschneider, Bühnenbildner und Schauspielerinnen. Seit elf Jahren findet das anarchische Volkstheater-Spektakel jedes Jahr statt, ziehen rund 500 ZuschauerInnen pro Aufführung zu Fuß oder im Bus hinter den Laienschauspielern und ein paar Profis von Spielort zu Spielort. Sogar ein eigenes Museum haben die Heersumer eingerichtet, das alle Ereignisse rund um das sommerliche Sozialkulturprojekt dokumentiert.
Dieses Jahr machen sich – zum ersten Mal im Nachbardorf Holle – über einhundert Piraten, Seeräuber und Freibeuter von der Holler Grundschule auf den rund zwei Kilometer langen Theater-Parcours. Wie immer wird dabei für „Piraten! oder Der zerbrochene Bug“ der Stoff auf Heersumer Art ganz frei interpretiert – Pirat steht für Regisseur Uli Jäckle „für Freisein, für Regeln brechen, für Abenteuer erleben“. Und so dreht sich das Stück um die Abenteuer des Musikpiraten Ralph Segel, der noch einmal den European Song Contest gewinnen will. Und dafür alle anderen Komponisten nebst aller Instrumente und schließlich alle Musik überhaupt aus dem Weg räumen muss. Da trifft es sich gut, dass Dieter Thomas Heck und Dieter Bohlen ohnehin schon Schiffsteile im Namen haben. Und Moses haben die Heersumer und Holler Volks-Theatermacher auch im Stück unterbekommen: der ist, seit 4.000 Jahren von den Ägyptern verfolgt, in der Holler Hafenbehörde auf Grund gelaufen. Und teilt am Samstag die Wellen der örtlichen Kiesgrube. ROBERT MATTHIES
■ Holle: Premiere am Sa, 18. Juni, 15 Uhr, Beginn an der Grundschule Holle; weitere Termine: So, 19. Juni, 25./26. Juni, 2./3. Juli, 20./21./27./28. August und 3./4. September 2011; jeweils samstags um 15 Uhr und sonntags um 10 Uhr; www.forumheersum.de