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Archiv-Artikel

suhrkamp, farce etc. Ein Käufer ohne Geld

Die Farce, die in den vergangenen Monaten im Umfeld des Suhrkamp Verlages stattfindet, ist um einen weiteren Akt bereichert. Wir erinnern uns: Die Aufregung war groß, als Claus Grossner und Hans Barlach, der Enkel Ernst Barlachs, die Medienholding Winterthur erworben haben, die wiederum 29 Prozent der Anteile an Suhrkamp hält. Sie kauften diese Anteile von dem Schweizer Unternehmer Andreas Reinhart, dessen Familie dem Suhrkamp Verlag lange Zeit verbunden war, der sich aber mit der jetzigen Geschäftsführerin, Ulla Unseld-Berkéwicz, der Witwe des 2002 verstorbenen Verlagspatriarchen, nicht mehr verständigen konnte und wollte. Daraufhin entbrannte ein Machtkampf. Unter anderem fand er darin seinen Höhepunkt, dass der Suhrkamp Verlag bestritt, dass die Medienholding überhaupt rechtmäßige Eigentümerin der Verlagsanteile sein darf; eigens für diesen Verkauf war sie zuvor aus der die Anteile verwaltenden Volkart Holding AG ausgegliedert worden ist. Dieser Kampf wird inzwischen vor Gericht ausgefochten. Hans Barlach aber und mehr noch Claus Grossner suchten direkt nach Bekanntgabe ihres Deals die Öffentlichkeit, um die Verlegerin in einer Weise zu schmähen, die unter zukünftigen Geschäftspartnern mehr als nur unüblich ist.

Insbesondere Grossner tat sich hervor, führte die Presse durch seine Villa und redete von unzähligen Suhrkamp-Autoren, die ihm zur Übernahme der Macht – er sollte, wohlgemerkt, einen Minderheitsanteil am Verlag erhalten – gratuliert haben sollten, die Namen dieser Gratulanten allerdings blieb Grossner schuldig. Er redete stattdessen viel. „Wir können dem Verlag sehr viel beibringen“, sagte er, der nie einen Verlag geführt hatte, er versicherte seinen Zuhörern, dass Ulla Unseld-Berkéwicz „als Geschäftsführerin überfordert“ sei, sprach aber auch merkwürdige Dikta, wie jenes von Suhrkamp als der „wohl bedeutendsten Brain-Ikone der deutschen Verlagslandschaft“. Merkwürdigerweise waren Teile des Feuilletons bereit, diesem Menschen, den das Fachmagazin Börsenblatt immerhin als einen „ungeheuer egozentrischen Mann“ erkannte, zu glauben; sie ergänzten dessen Angebereien noch mit Nachrichten wie jener, dass Unseld-Berkéwicz den Verlag mithilfe einer „Hexe“ führe.

Gestern nun meldet der Focus, dass Grossner seinen Anteil am Kaufpreis schuldig geblieben sei und dass der Vertrag aufgelöst werden musste. Reinhart ist nun weiterhin, wenn auch gemeinsam mit Hans Barlach, Eigentümer jener Holding, die er gründete, um Suhrkamp los zu werden. Für Schadenfreude aber gibt es keinen Anlass. Denn die Redaktionen, die Grossners Statements unhinterfragt nachgeplaudert haben, haben den Ruf des Verlages beschädigt, also genau das getan, was sie Unseld-Berkéwicz vorwerfen. JÖRG SUNDERMEIER